Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst in Deutschland angekommen und in der Natur als erstes spürbar. Drei trockene Sommer, starke Stürme und regionale Schneebruchereignisse haben den Wäldern seit 2018 schwer zugesetzt. Betroffen sind alle Baumarten, Nadel­ und Laubbäume gleichermaßen. Fichte und Tanne, Kiefer, Ahorn, Buche und Esche haben durch Schädlingskalamitäten und Waldbrände schwer gelitten. Zwar ist die Mitte Deutschlands mit Nordrhein­Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Sachsen­ Anhalt, Sachsen und Thüringen besonders betroffen. Doch haben auch ganze Waldflächen im Norden Bayerns oder inmitten Mecklenburg­Vorpommerns schwere Schäden hinnehmen müssen. Selbst für den Laien, der auf der Landstraße durch die Wälder fährt oder auf Waldwegen durch Waldgebiete wandert, ist es nicht mehr zu übersehen: Kahlflächen, vertrocknete und umgestürzte Bäume, Unmengen gestapelter Hölzer säumen die Wege und Straßen.

Klimawandel setzt dem deutschen Wald zu

Rund 277.000 Hektar Schadfläche und etwa 171 Millionen Festmeter Schadholz seit 2018 bilanziert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im jüngsten Waldzustandsbericht vom Februar 2021. Diese Ergebnisse sind die schlechtesten seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984. Für die Waldbesitzenden bedeutet dies, dass sie bei niedrigen Holzpreisen und fehlenden Erlösen in die Beräumung der Schadflächen wie auch in die Wiederbewaldung der Kahlflächen investieren müssen. Folglich sind sie auch vor diesem Hintergrund an neuen Geschäftsmodellen interessiert, um Einnahmen für die Wiederbewaldung und Stabilisierung der Wälder zu generieren.

Windenergie als zusätzliches Standbein für Waldbesitzer

Der Auf­ und Ausbau der Windenergie im Wald ist ein guter Diversifizierungsweg. Das bestätigt Dr. Jens Borchers, Leiter der Forstbetriebe Fürst zu Fürstenberg und Waldburg­Wolfegg­Waldsee in Baden­Württemberg, in dessen Betrieben bereits sechs Windräder aufgestellt wurden. Etliche
weitere befinden sich im Planungsprozess. „Unsere Höhenlagen eignen sich besonders gut für die Erzeugung von Windenergie“, so Dr. Borchers. Der Wald dort sei durch Stürme und Trockenheit schwer geschädigt worden. Auch sei der felsige Boden eher ungünstig für das Baumwachstum. „Diese für den Waldbau ungünstigen Lagen haben sich zu günstigen Lagen für die Windkraft entwickelt“, so der Forstbetriebsleiter. Problematisch seien die langen und aufwändigen Genehmigungsverfahren mit unsicherem Ausgang. Windkraftplaner werden mit vielfältigen Auflagen, konfrontiert, sei es von Seiten des Natur­ oder Tierschutzes oder mit Blick auf bereits vorhandene Infrastruktur.

„Die Windenergie ist eine gute Alternative.“

Davon berichtet auch Henning Graf Kanitz, Geschäftsführer der CenterForst GmbH, der bislang 11 Windräder in seinem Wald in Hessen errichten ließ. Der Ausbau der Windenergie werde in Deutschland nicht leicht gemacht. Auch für Graf Kanitz ist die Windenergie eine wichtige Einnahmequelle, um angesichts der aktuellen Krise ausreichend Mittel für die Wiederbewaldung der zerstörten Flächen zur Verfügung zu haben. „Die Windenergie ist eine gute Alternative zur Holzproduktion, und sie benö­ tigt wenig Platz“, so der Waldbewirtschafter. Für ein Windrad werde etwa ein Hektar Fläche benötigt, daneben könnten Bäume gepflanzt werden. Und auch Silvio Schapp, Landwirt und Waldbesitzer in der brandenburgischen Niederlausitz, betrachtet sein Windrad, das er vor etwa fünf Jahren in seinem Wald aufstellen ließ, als eine gute Entscheidung. Auch ihm sichert es zusätzliche Einnahmen zu Landwirtschaft, Tierzucht und Waldbewirtschaftung. „Da ich immer schon ein Fan der erneuerbaren Energien war, fiel mir die Entscheidung für ein Windrad leicht“, so Schapp.

Erneuerbare spielen eine immer wichtigere Rolle

Alle drei Betriebe haben sich bereits vor Jahren für die Windkraft entschieden und können diese Entscheidung nur empfehlen. Gleichzeitig bezeichnen sie die Errichtung von Windrändern in Wäldern auch als eine Chance, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energiewende zu leisten. Der Verband AGDW – Die Waldeigentümer ist überzeugt: Der Windenergie wird auch in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle zukommen – vor allem auch um den Ausstieg aus Kohle und Atomenergie zu kompensieren.

AGDW – Die Waldeigentümer: Vermittler zwischen Windbranche und Waldbesitzern

Die AGDW ist in der Vergangenheit bereits Kooperationen mit Projektentwicklern aus der Erneuerbaren­Energien­Branche eingegangen, um Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer beim Aufbau von Windrändern in ihren Wäldern zu unterstützen. „Diese Kooperationen eröffnen den Waldbesitzenden die Möglichkeit, sich gerade auch angesichts der Krise im Wald ein neues Geschäftsfeld zu erschließen und Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien umzusetzen“, sagt Dr. Irene Seling, Hauptgeschäftsführerin der AGDW – Die Waldeigentümer.

Dieser Text wurde erstmalig im BetreiberBrief 02/2021 veröffentlicht.


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