In den kommenden fünf Jahren endet jährlich für rund 1.600 Anlagen die EEG-Förderung. Aus wirtschaftlichen Gründen sowie im Sinne der Nachhaltigkeit lohnt es sich meist, die Reserven für einen Weiterbetrieb zu ermitteln, aus logistischen Gründen vor allem bei größeren Windparks.

Die Lastreserven lassen sich anhand einer Bestandsaufnahme und dem Abgleich mit den Standortbedingungen in der zurückliegenden Betriebsphase ermitteln. Die Begutachtung durch fachkundige Sachverständige gliedert sich in einen theoretisch-analytischen und einen praktischen Teil. Bei der praktischen Prüfung untersuchen die Experten die Anlagen eingehend vor Ort – vom Fundament bis zu den Rotorblättern. Dazu zählen die Sicherheitseinrichtungen, die Anlagensteuerung und die Bremssysteme. Die Prüfung umfasst je nach Anlagentyp auch konstruktionsbedingte Schwachstellen.

Der analytische Teil besteht aus einer computergestützten Berechnung der theoretischen Lebenszeit. Die bei der Auslegung angenommenen Belastungen für die Entwurfslebensdauer werden mit den tatsächlichen Standortbedingungen abgeglichen. Basis ist das durch die Typenprüfung definierte WEA-Design. Wetter- und Betriebsdaten sowie technische Unterlagen, Wartungs-, Instandsetzungs- und Prüfprotokolle tragen dabei zu einem detaillierten Bild der Betriebshistorie bei.

Clusterlösungen sparen Zeit und Geld

In größeren Windparks jede Anlage einzeln zu prüfen, ist mitunter unrentabel. Bei homogenen, über die Betriebsphase konstanten Standortbedingungen spart eine Cluster-Lösung Zeit und Kosten. Möchten ihren Anlagenbestand über einen definierten, begrenzten Zeitraum weiterbetreiben (beispielsweise bis zu einem vollständigen Repowering), erfahren sie dadurch genau: Wann müssen welche Anlagentypen stillgelegt werden und mit welchen Maßnahmen lassen sie sich bis dahin sicher weiterbetreiben? So können sie die Modernisierung oder den Rückbau finanziell und logistisch besser planen. Wenn es allerdings darum geht, die maximale Weiterbetriebsdauer spezifischer Anlagen zu ermitteln, sind Einzelbetrachtungen hingegen sinnvoll

 

Ein Cluster-Prüfbericht auf Basis von Computersimulationen und Lastberechnungen liegt in der Regel schon nach vier Wochen vor. Digitale Checklisten als App für Tablets beschleunigen zudem die Dokumentation vor Ort. Das Ergebnis ist ein umfassendes, einheitliches und leicht zu lesendes Dokument. Ein Gutachten aus der theoretischen Analyse und den gesammelten Daten erleichtert das Genehmigungsverfahren, macht Kosten transparent und gibt zudem Planungssicherheit.

Bestandsanlagen rechtzeitig prüfen lassen

Der Weiterbetrieb von Windenergieanlagen nach den Grundsätzen (BPW) des Bundesverbands Windenergie sollte im letzten regulären Betriebsjahr durch eine qualifizierte Prüforganisation geprüft und bewertet werden. Als Betreiber müssen Sie dafür die nötigen Informationen und Dokumente bereitstellen. Neben der Anlagengenehmigung und Unterlagen zur Errichtung und Inbetriebnahme umfasst das sämtliche Betriebs- und Ertragsdaten, Wartungs-, Reparatur- und Prüfberichte sowie Schalt- und Hydraulikpläne.

Wichtig sind auch die Standortbedingungen der zurückliegenden Betriebsphase. Mittlere Windgeschwindigkeiten, Extremwindereignisse oder Turbulenzintensitäten müssen bekannt und quantifizierbar sein, um die Belastungen aus diesem Zeitraum zu berechnen. Auskunft darüber geben die Daten aus dem Betrieb und vom Gondelanemometer. Falls diese unvollständig sind, werden weitere Quellen wie Re-Analysedaten für eine Langzeitextrapolation genutzt. Bei unterschiedlichen ZubauSzenarien werden zudem die Turbulenzen für die einzelnen Anlagenkonstellationen berücksichtigt.

Was spricht für den Weiterbetrieb?

Sinnvoll ist ein Weiterbetrieb, wenn die Wirtschaftlichkeit durch ein schlüssiges Vermarktungskonzept gesichert ist und ein Repowering nicht möglich ist – etwa aufgrund neuer Abstandsregeln oder weil der Standort in ein Naturschutzgebiet umgewidmet wurde. Voraussetzung ist in jedem Fall ein positives Weiterbetriebsgutachten. Sofern die WEA regelmäßig inspiziert und gewartet wurde, sind die Aussichten dafür gut. Das gilt umso mehr für kleine und mittlere Windparks, die keinen Extremwettereignissen ausgesetzt waren. Betreiber erzielen Synergieeffekte, wenn sie ihren gesamten Anlagenbestand gemeinsam prüfen und bewerten lassen, anstatt für jede Anlage oder gar für einzelne Komponenten eigene Gutachten anfertigen zu lassen – gar noch von unterschiedlichen Dienstleistern.

Die Erfahrung zeigt: Ein Weiterbetrieb lässt sich oft mit wenig Aufwand realisieren. Oft reicht ein regelmäßiges Monitoring von Komponenten, anstatt diese nach definierten Zeitintervallen auszutauschen. Auch lassen sich defekte Verkabelungen, oberflächliche Korrosion oder witterungsbedingt beeinträchtigte Schutzanstriche mitunter Instand setzten, ohne das gesamte Bauteil auszutauschen. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch vorhandene Wartungskonzepte optimieren.

Was frühzeitig beginnen heißt

Betreiber sollten ein Gutachten frühzeitig bei einer qualifizierten Prüforganisation in Auftrag geben – möglichst ein Jahr vor Ende der Entwurfslebensdauer. Prüfungen vor Ort lassen sich dann in windschwache Zeiten legen. Das Gutachten ist oft auch Voraussetzung für das Weiterbestehen des Versicherungsschutzes oder die Zusammenarbeit mit Servicedienstleistern.


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