VOB/B – was ist das?

Die Auflösung der Abkürzung ergibt sich aus dem vollständigen Titel. VOB/B steht für: Vergabe­ und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen.

Aus dem Titel selbst lässt sich schon ableiten, dass es sich bei der VOB/B um ein Vertragswerk handelt, genauer gesagt, um allgemeine Vertragsbedingungen. Der Begriff Vertragsordnung mag zwar danach klingen, dass es sich um eine Vorschrift handelt. Das ist aber nicht der Fall.

Weiterhin ergibt sich aus dem Titel, dass es neben dem Teil B weitere Teile geben muss. Das ist richtig. Die VOB gliedert sich in drei Teile. Der Teil A enthält allgemeine Bestimmungen für die Nachfrage von Bauleistungen durch die öffentliche Hand (Vergabe) und ist hier nicht weiter relevant. Teil C enthält allgemeine technische Vertragsbedingungen (ATV), die sich wiederum in allgemeine und gewerkspezifische Regelungen zur Durchführung und Abrechnung von Leistungen gliedern. Ein Blick in die VOB/C verrät, für welche Arbeiten im Rahmen eines Windparkprojektes die VOB/B gut geeignet sein kann. Die VOB/C enthält etwa technische Regelungen zum Erdbau, zum Kabeltiefbau, zu Betonarbeiten und zum Wegebau. Geeignet ist die VOB/B also für alle Maßnahmen zur Errichtung der Infrastruktur eines Windparks.

Die für die Durchführung öffentlicher Bauaufträge erstellte VOB/B findet auf sehr unterschiedliche Arbeiten von der Sanierung eines historischen Rathauses bis zum Straßenbau Anwendung. Damit ist ein wesentlicher Vorteil der VOB benannt: ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung. Zugeschnitten ist die VOB/B auf die Abwicklung von Bauverträgen. Gemeint ist damit die Herstellung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen. Die VOB/B bildet also einen vertraglichen Rahmen, vergleichbar mit allgemeinen Bedingungen einer Versicherung, für die Abwicklung unterschiedlicher Bau­ verträge. Ob die VOB/B auch für andere als Bauleistungen vereinbart werden kann, ist umstritten. Es spricht einiges dafür. Allerdings ist es meist wenig ratsam, einen auf eine Art von Leistung zugeschnittenen Vertrag auf gänzlich andere Leistungen anzuwenden.

Damit die VOB/B Anwendung findet, muss die Geltung vereinbart werden. Die Schwelle dafür ist im unternehmerischen Verkehr nicht hoch. Ein Hinweis in einem Angebot oder in Ausschreibungsunterlagen auf die Geltung der VOB/B reicht aus. Rechtlich nicht erforderlich ist die in der Praxis vereinzelt angetroffene Formulierung, die VOB/B finde keine Anwendung. Schließlich gibt es kein Formerfordernis für den Abschluss eines VOB/B basierten Vertrages. Ein VOB/B Vertrag kann mündlich geschlossen werden, was allerdings zu vermeiden ist.

Auftragnehmer kennen – wenn auch zu unterschiedlichem Grad – die VOB/B. Eine Ausschreibung von Leistungen auf Basis der VOB/B hat den Vorteil, dass Auftragnehmer wenig Zeit in die Prüfung der Vertragsunter-lagen investieren müssen und die Abgabe von Angeboten damit erleichtert. So wird es wahrscheinlicher, den am besten geeigneten Vertrags-partner für die Durchführung von Teilleistungen zu finden und zu binden.

Inhaltliche Schlaglichter

Die VOB/B besteht aus achtzehn Paragrafen, die verschiedene Aspekte des Bauvertrags abdecken. Im Folgenden werden einzelne Regelungskomplexe der VOB/B beleuchtet. Merkmal des Bauvertrages ist, dass anders als bei einem Kaufvertrag kein einmaliger Leistungsaustausch erfolgt, sondern die Leistungserbringung über einen gewissen, teilweise längeren Zeitraum erfolgt, Leistungen mit Leistungen Dritter kombiniert werden müssen und jedenfalls zum Teil bei Vertragsschluss nicht bekannt ist, welche konkreten Leistungen zur Herstellung des Werkes erforderlich sind. Für all diese Punkte sieht die VOB/B Regelungen vor, die aber im Einzelfall natürlich auch anders getroffen werden können. Prägend für die VOB/B ist der in der Praxis nicht immer gelebte Gedanke der kooperativen Bauausführung, in der alle Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. 

a. Leistung und Leistungsänderungen, § 1 VOB/B

Den Kern jedes Bauvertrages bildet die Leistungsbeschreibung. Diese bestimmt im Wesentlichen, was gebaut wird (das sogenannte Bausoll). Ist die Leistungsbeschreibung klar und die durchzuführende Leistung umfassend beschrieben, reduziert sich das Risiko späterer Unstimmig­ keiten drastisch. Hier ist also Sorgfalt geboten, was allerdings für jeden Bauvertrag gilt, nicht nur die VOB/B. Wird die VOB/B einbezogen, ist auch die VOB/C samt anwendbaren ATV vereinbart. Hier ist jeweils zu prüfen, ob Änderungen, Abweichungen oder Ergänzungen zu den ATV technisch erforderlich sind.
Ein wesentliches Kennzeichen des VOB/B Bauvertrages ist das Recht des Auftraggebers, die Leistungen einseitig zu ändern. Der Auftragnehmer ist auf eine sogenannte Anordnung hin verpflichtet, Leistungen, die nicht vereinbart waren, aber zur Herbeiführung der Leistung erforderlich sind, auszuführen. Wie weit das Anordnungsrecht im Einzelnen reicht, ist umstritten. Wichtig ist, dass dem Auftraggeber ein einseitiges Anordnungsrecht dem Grunde nach zusteht und der Auftragnehmer nicht etwa zur Einstellung der Leistungen befugt ist, weil die Parteien keine Einigung über die Vergütung der zusätzlichen Leistung finden können.

b. Vergütung und Vergütungsanpassung, § 2 VOB/B

Die VOB/B enthält Regelungen zur Vergütung nach Einheitspreisen, zu Pauschalpreisen und als Ausnahme nach Stunden. Auch andere Ver­gütungsformen, etwa nach Selbstkosten (open book), können gewählt werden. Einheitspreisvertrag und Pauschalpreisvertrag unterscheiden sich hinsichtlich der Abrechnung. Während ersterer ein gemeinsames Aufmaß verlangt, ist ein Aufmaß zur Abrechnung eines Pauschalpreis­ vertrages nicht erforderlich. Ergeben sich im Rahmen des Aufmaßes eines Einheitspreisvertrages wesentliche Abweichungen von mehr als 10 Prozent zu den bei Vertragsschluss angenommenen Mengen, ist ein neuer Preis pro Einheit zu vereinbaren.
Ein häufiges Missverständnis auf Auftraggeberseite ist, dass mit einem Pauschalpreis alle erdenklichen Leistungen des Auftragnehmers abge­ golten sind. Das ist nicht so. Mit dem Pauschalpreis sind die pauschalierten Leistungen abgegolten. Ist unklar, was gebaut werden soll, also das Bausoll nicht klar beschrieben, sind Meinungsverschiedenheiten vor­ programmiert. Spiegelbildlich gilt für Auftragnehmer, dass die Pauschale nur verdient ist, wenn die pauschalierten Leistungen auch erbracht wurden und pauschal nicht etwa heißt, dass nur ein Teil der beschrie­ benen Leistungen auszuführen ist.

c. Ausführungszeit und Zeitanpassung, § 5 und § 6 VOB/B

Gerade für Windprojekte ist Termintreue von (Neben­)gewerken essenziell, um eine planmäßige Realisierung des Projektes zu gewährleisten. Dazu bestimmt die VOB/B, dass die Ausführung nach den verbindlichen Fristen zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden ist. Dabei ist nicht jeder im Vertrag genannte Zwischentermin ein verbindlicher Vertragstermin. Auftraggeber tun gut daran, Termine, die schnittstellen-relevant oder sonst wesentlich sind, klar als verbindliche Vertragstermine zu bezeichnen.
Weil Abweichungen vom geplanten Bauablauf keine Seltenheit sind, enthält die VOB/B Regelungen zum Umgang mit sogenannten Behinde-rungen. Behinderungen muss der Auftragnehmer anzeigen, sonst bleiben sie außer bei Offenkundigkeit unberücksichtigt. Grob gesprochen gilt für die terminliche Folge von (angezeigten) Behinderungen: Beruht die Behinderung auf einem Umstand außerhalb der Risikosphäre des Auf­ tragnehmers, verschieben sich die Vertragstermine um die Zeit der Behinderung und die Zeit der Wiederaufnahme der Arbeiten. Von vornherein einzuplanen und keine Behinderungen sind Witterungseinflüsse, mit denen während der Ausführungszeit zu rechnen war. Neben Termin­ anpassungen kann dem Auftragnehmer auch eine Entschädigung für Verzögerungen zustehen.

d. Mängel, § 4 und § 13 VOB/B

Die Herstellung eines mangelfreien Werkes ist wesentliche Vertragspflicht des Auftragnehmers. Es gilt der sogenannte funktionale Mangelbegriff, demzufolge das Werk mangelfrei ist, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, funktionstauglich ist und die bei Abnahme geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik einhält. Aus dem Verweis auf die vereinbarte Beschaffenheit ergibt sich wiederum der Bezug zum Bausoll. Ist nicht klar beschrieben, was zu bauen ist, ist unklar, wann ein mangelfreies Werk vorliegt. 

Mangelrechte bestehen in der VOB/B vor und nach Abnahme. Der Auftragnehmer kann das Risiko reduzieren, für Mängel haftbar gemacht zu werden, indem er Bedenken anmeldet. Besteht der Auftraggeber aber auf eine bestimmte Ausführung trotz Bedenken, ist der Auftragnehmer nicht zur Beseitigung daraus folgender Mängel verpflichtet. Für den Auftraggeber relevant ist, dass die Verjährung der Mangelrechte ohne abweichende Vereinbarung gegenüber der regelmäßig zur Anwendung kommenden Verjährung von fünf Jahren ab Abnahme verkürzt ist.

Nicht geregelte Punkte

Die VOB/B regelt wesentliche aber nicht alle relevanten Punkte eines Bauvertrages. Neben der VOB/B weiterhin anwendbar sind die Regelungen des BGB zum Werk­ und Bauvertrag. Soll etwa eine Vertragsstrafe vereinbart werden, ist dies gesondert vorzusehen. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Einhaltung wesentlicher Vertragstermine nicht unüblich. Auch weitere für regelungsbedürftig gehaltene Punkte etwa aus sozial-versicherungs­ oder steuerrechtlicher Sicht, werden regelmäßig ergänzt.

VOB/B als AGB

Wie ausgeführt, sind die VOB/B Vertragsbedingungen. Weil sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, sind sie auch allgemeine Ge­schäftsbedingungen desjenigen, der die Einbeziehung der VOB/B vor­ schlägt. Eine Besonderheit des deutschen Zivilrechts ist die strenge Prüfung jeder einzelnen Vertragsklausel auf ihre inhaltliche Angemessenheit für den Vertragspartner des Verwenders. Weil die VOB/B von Auftragnehmern und Auftraggebern gemeinsam entwickelt wurde, wird die VOB/B insgesamt als ausgewogen bewertet. Wird die VOB/B als Ganzes vereinbart, unterbleibt eine AGB­Kontrolle. Dies ist in der Praxis allerdings eher die Ausnahme. Werden auch nur punktuelle Abweichungen von der VOB/B vereinbart, wird die gesamte VOB/B einer Inhaltskontrolle unterzogen, mit der Folge, dass je nachdem, ob Auftragnehmer oder Auftraggeber die VOB/B in den Vertrag einführen, ein unterschiedlicher, signifikanter Teil der Regelungen unwirksam ist.

Fazit

Die VOB/B ist ein für Bauverträge praxistaugliches Vertragswerk. Gerade Nebengewerke zur Errichtung von Parkinfrastruktur aber auch kom­plexere Gewerke wie etwa die Errichtung eines Umspannungswerks können auf Basis eines VOB/B Vertrages abgewickelt werden. Sorgfalt – und das gilt nicht nur für VOB/B Verträge – sollte auf die Erstellung der Leistungsverzeichnisse verwendet werden. Die gute Skalierbarkeit für unterschiedliche Gewerke ermöglicht es, spezifische Anforderungen von Windprojekten abzubilden und ohne größeren Aufwand für unterschiedliche Verträge zu verwenden. Ein weiterer Vorteil liegt in der Akzeptanz im Markt begründet, die die Einholung vergleichbarer Angebote erleich-tert. Allerdings sollten die Konsequenzen einer Einbeziehung den Beteiligten vorher klar sein.

Dieser Beitrag erschien erstmalig im BetreiberBrief 2/2023.


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