Nach knapp einem Jahr im neuen System Redispatch 2.0 musste sich die Branche auf einige Änderungen durch das ausgelaufene Einspeisemanagement einstellen. Die Etablierung einer Marktkommunikation mit neuen Akteuren, die Übermittlung von Planungs, Prognose und Echtzeitdaten, aber auch die Definition neuer Marktrollen, stellen die Branche immer noch vor erhebliche und komplexe Herausforderungen.
Das konventionelle Redispatch, das neue Redispatch 2.0 sowie das Einspeisemanagement stellen Werkzeuge zum Netzengpassmanagement dar. Sie tragen zur Vermeidung von Überlastungen von Überlastungen beim Transport der Energie durch die Bundesrepublik. Traditionell werden dazu von Netzbetreibern sogenannte Kraftwerkspaare gebildet, bei denen im Vorfeld klar ist, welches Kraftwerk vor dem Engpass herunter und welches hochgefahren wird. Dies ist aber insbesondere durch die Fluktuation und Dezentralität nicht mehr ohne weiteres möglich. Das Redispatch 2.0 setzt dabei mehr auf die kalkulatorische Ermittlung des günstigsten Kraftwerks zum Herunterfahren, wobei EEAnlagen weiterhin 10mal günstiger sein müssen als konventionelle Kraftwerke, um abgeregelt werden zu dürfen. Betreiber, Betriebsführer und Direktvermarkter haben nun eine aktive Rolle in diesem System und sind für die Marktkommunikation und weitere Abstimmungsprozesse mit dem Netzbetreiber zuständig.
Planungsbasierte Prognosedaten und die kalkulatorische Ermittlung der „günstigsten“ Anlage zum Abregeln sowie die damit verbundene Reduzierung der volkswirtschaftlichen Kosten1 für das Netzengpassmanagement, stellen damit die Hauptargumente für die Eingliederung des Einspeisemanagements (ErneuerbareEnergienGesetz) in das RedispatchSystem
(Energiewirtschaftsgesetz) dar. Hierbei wird eine Vorabinformation gegenüber der Erzeugungsanlage ermöglicht, um AdHoc Abschaltungen wie im Einspeisemanagement zu verhindern. Die VorabInformation hilft dabei mehr Flexibilität in der Vermarktung zu gewährleisten und die Prognosegüte grundsätzlich zu verbessern.
Übergangslösung als sicherer Einstieg in den Redispatch 2.0
Schon vor dem Start am 1. Oktober 2021 war ersichtlich, dass das angedachte Zielsystem nicht erreichbar sein wird. Hierfür sind vor allem fehlerhafte Prozesse aber auch fehlende „Stammdaten“ – also die initialen Testphasen und die Einbindung der gesamten Branche. Nichts anderes stellt die laufende Übergangslösung dar; eine sukzessive Eingliederung der betriebsbereiten Akteure im ständigen Austausch bei der Kuration der unvollständigen Prozesse. Trotzdem bleiben nun einige Akteure auf den fehlenden hohen Kompensationszahlungen sitzen, welche weiterhin an vielen Stellen ungeklärt sind.
Hinsichtlich der aktuellen Krisensituation sind die Reduzierung volkswirtschaftlicher Kosten und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern noch mehr in den Vordergrund geraten. Jedoch ergeben sich an jeder Stelle erhebliche Prozesskosten und Aufwände, die dem stark entgegenwirken. Diese Entwicklungen werden allerdings im Redispatch 2.0 nicht ausreichend berücksichtigt und auch andere Akteure der EEBranche werden zunehmend vor Herausforderungen gestellt. Der reine Fokus auf das Stromnetz führt beispielsweise in der Biogasbranche dazu, dass Anlagen über lange Zeiträume ausgeschaltet werden und auch hier die Maßnahmen wie bereits dargestellt unangekündigt und in unbestimmter Länge erfolgen. Dadurch muss in vielen Fällen Gas abgefackelt werden, was anschließend zur Versorgung von Nahwärmenetzen fehlt.
Statt KWKProzesse ausreichend zu berücksichtigen, spielt eine gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme aus EEAnlagen im Redispatch 2.0 keine Rolle. Betroffene Bürger an den Nahwärmenetzen müssen in diesen Fällen zuschauen, wie heimisch produziertes Gas abgefackelt wird und parallel Heizöl oder Erdgas nutzen, um eine Ersatzwärmeversorgung bereitstellen zu können. Dieses Beispiel unterstreicht die Vielschichtigkeit des Problems. Durch die mangelhaften Prozesse werden Betreiber von Windenergieanlagen, Direktvermarktungsunternehmen sowie die komplette Branche der Erneuerbaren Energien und die Öffentlichkeit vor enorme Herausforderungen gestellt. Insbesondere angesichts der angespannten Lage an den Energiemärkten muss der zentrale Fokus der beteiligten Behörden darauf liegen, ein funktionierendes und sinnvoll aufgebautes Redispatch 2.0 System zu implementieren.