Der Gesetzgeber entwickelt den Rechtsrahmen für Speichertechnologien in Deutschland mit Trippelschritten weiter. So bringt das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht einige Verbesserungen im EnWG und EEG für die rechtliche Behandlung von Speichern mit sich. Es gibt nunmehr sogar endlich eine Definition. Allerdings wurde erneut die Gelegenheit verpasst, Speicher als vierte Säule des Energiesystems zu etablieren, das Ausschließlichkeitsprinzip für Speicher abzuschaffen und den Rechtsrahmen zu vereinfachen.
Eine Definition für Energiespeicher
Hurra – es gibt endlich eine Definition von Speichern im deutschen Energierecht. Allerdings: Während das Europarecht explizit die zeitliche Verschiebung zwischen Speicherung und endgültiger Nutzung in den Fokus nimmt und dadurch Speicher als neue, vierte Säule des Energiesystems neben Erzeugung, Transport und Verbrauch aufstellt, wird im deutschen Recht ohne Berücksichtigung der zeitlichen Verschiebung die bisherige Systematik beibehalten. Die Einspeicherung soll ein Letztverbrauch und die Ausspeicherung eine Erzeugung sein. So sind „Energiespeicheranlagen“ nunmehr nach § 3 Nummer 15d EnWG definiert als „Anlagen, die elektrische Energie zum Zwecke der elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Zwischenspeicherung verbrauchen und als elektrische Energie erzeugen oder in einer anderen Energieform wieder abgeben“.
Diese Einordnung bleibt problematisch, weil dadurch bei der Einspeicherung weiterhin im Grundsatz Ansprüche gegen den Betreiber auf Zahlung sämtlicher Entgelte, Abgaben und Umlagen für Letztverbrauch entstehen. Wird die gespeicherte Elektrizität wieder in das Netz zurückgespeist und von einem Dritten „tatsächlich letztverbraucht“, fallen diese erneut an. Um derartige Doppelbelastung des Stroms zu vermeiden, enthält der Rechtsrahmen inzwischen einen bunten Strauß an Ausnahmeregelungen. Die bürokratische Bürde, verschiedene Anforderungen dieser vielfältigen kleinteiligen Ausnahmeregelungen zu beachten und die Einhaltung nachzuweisen, trägt nach diesem Konzept weiterhin der Speicherbetreiber. Oft genug gelingt dies nach wie vor nicht oder wird zu teuer.
Verbesserungen bei der Vermeidung von Doppelbelastung mit Abgaben und Umlagen
Dennoch gibt es einigen Fortschritt bei der Beseitigung von Doppelbelastungen von Speichern. So wurden durch die EnWGNovelle nunmehr auch in Bezug auf die letzten verbliebenen netzgebundenen Strompreisbestandteile (§ 19 StromNEVUmlage und AbLaVUmlage) Verweise auf die Saldierungsregelung im EEG (§ 61l) eingeführt. Der auch weiterhin komplexe § 61l EEG wird damit mehr und mehr zur zentralen Grundnorm des Energierechts zur Vermeidung von Doppelbelastungen von Speichern. Allerdings wurden die hohen Anforderungen des § 61l EEG an die Messung aller denkbaren Strommengen etwas gelockert. So ergibt sich zumindest aus der Gesetzesbegründung, dass der eine oder andere Zähler im dezentralen Energiekonzept zukünftig wegfallen soll und stattdessen im Messkonzept sogenannte Vorrang und Nachrangregelungen etabliert werden dürfen. Der Teufel steckt hier jedoch auch weiterhin im Detail. In komplexeren Systemen und bei der Nutzung von DCgekoppelten Speichern bleibt die Erfüllung der Mess und MeldeAnforderungen des § 61l EEG eine große Herausforderung.
Speicher für das Netz
Netzbetreiber dürfen auch weiterhin nicht Eigentümer eines Speichers sein, diesen nicht errichten oder betreiben. Dieser Grundsatz kann nur nach einer erfolglosen Ausschreibung (sog. Markttest) oder im Fall von vollständig integrierten Netzkomponenten durchbrochen werden. Die entsprechenden Regelungen finden sich in den neuen § 11a und 11b EnWG. Eine Chance für Dritte, Speicher zu errichten, könnten dabei die vorgesehenen offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahren werden. Interessant ist dabei für Dritte, dass ein über lange Strecken des Gesetzgebungsverfahrens vorgesehenes grundsätzliches Vermarktungsverbot gleichsam „in letzter Sekunde“ durch eine Regelung ersetzt worden ist, wonach der Dritte die von ihm angebotene Energiespeicheranlage so planen und errichten darf, dass deren Leistungsfähigkeit die durch die Netzbetreiber gesetzten Anforderungen übertrifft. Wenn die Anlage zeitweise oder dauerhaft nicht für die Erfüllung der Vereinbarung mit dem Netzbetreiber benötigt wird, dürfen Leistung und Arbeit in diesem Umfang durch den Dritten auf Strommärkten veräußert werden. Dementsprechend sind hier echte MultiUseKonzepte denkbar. Im Detail hängen die Marktchancen für Speicher hier allerdings maßgeblich von den erst noch von der BNetzA zu definierenden Modalitäten der Ausschreibungen ab.
Speicher in Innovationsausschreibungen
Ein Treiber für die Installation von Speichern – zumindest bei PVAnlagen – sind die Innovationsausschreibungen, an denen inzwischen nur noch sogenannte Anlagenkombinationen teilnehmen dürfen. Das Volumen der Innovationsausschreibungen beträgt in den kommenden Jahren zwischen 600 und 850 Megawatt und ist als relevant einzustufen. Anlagenkombinationen sind ein „Zusammenschluss von mehreren ErneuerbareEnergienAnlagen oder von Speichern mit ErneuerbareEnergienAnlagen, die über einen gemeinsamen Verknüpfungspunkt Strom in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen“. Hier kommen also Speicher ins Spiel. Neue Regelungen führen dabei zu mehr Klarheit in Bezug auf die Dimensionierung von Speichern in Anlagenkombinationen. Die Anlagenkombination muss demnach einen Speicher enthalten, dessen installierte Leistung mindestens 25 Prozent der installierten Gesamtleistung der Anlagenkombination entspricht und dessen Energiespeicherkapazi
tät mindestens eine Einspeicherung von zwei Stunden der Arbeit der Nennleistung der Energiespeichertechnologie ermöglicht. Aus Sicht von MultiUseSpeichern blieben allerdings Ausschließlichkeitsanforderungen problematisch, wonach der zwischengespeicherte Strom „ausschließlich in den anderen Anlagenteilen zu erzeugen“ ist. Die Einspeicherung von Strom aus dem Netz, beispielsweise zur Bereitstellung von Regelenergie, ist damit in Anlagenkombinationen ausgeschlossen.
Das Ausschließlichkeitsprinzip bleibt bestehen
Weiterhin unverändert bleibt das sog. speicherbezogene Ausschließlichkeitsprinzip nach dem EEG. Danach „verseucht“ beispielsweise eine einzelne Kilowattstunde Graustrom aus dem Netz der allgemeinen Versorgung den gesamten Speicher auch wenn im übrigen Strom aus EEAnlagen eingespeichert worden ist. Der Grünstrom kann dem Speicher somit nicht wieder entnommen werden, die Grünstromeigenschaft bleibt unwiederbringlich verloren. Dies steht jedoch im Spannungsfeld zum Europarecht, da nach europarechtlichen Vorgaben das Recht besteht, erneuerbare Energie auch nach der Speicherung noch mittels Verträgen über den Bezug von erneuerbarem Strom zu verkaufen (Art. 21 Abs. 2 lit. a der EERichtlinie). Eine gerichtliche Klärung, ob das Ausschließlichkeitsprinzip mit dem Europarecht vereinbar ist, dürfte durchaus interessant werden. Das gilt übrigens auch für das sogenannte Eigenversorgungsverbot in § 27a EEG, das ebenfalls unverändert fortbesteht und dessen Vereinbarkeit mit dem Europarecht ebenfalls zu bezweifeln ist (siehe Art. 21 Abs. 6 lit. e) der EERichtlinie).
Fazit
In der Gesamtbetrachtung ist in Deutschland eine minimalistische Umsetzung der ambitionierten europäischen Vorgaben der EE und der EBMRichtlinie für Speicher erfolgt. Die EUSteilvorlage hätte durchaus mutiger verwandelt werden können. Gleichzeitig bleibt: Speicher stellen eine Schlüsseltechnologie der Zukunft dar. Dies geht auch am deutschen Energierecht nicht vorbei. Speicher finden immer stärker Berücksichtigung, Doppelbelastungen und Hemmnisse werden sukzessive reduziert. Weiter hin bleibt aber zu konstatieren, dass Speicher ihr technisches Potential in vielen Fällen auch zukünftig nicht voll ausschöpfen können. MultiUse ist aber das Gebot des Energiesystems der Zukunft, damit Speicher ihre Flexibilität voll zur Verfügung stellen können. Es bleibt Aufgabe der neuen Bundesregierung, die Weichen eindeutig in diese Richtung zu stellen.
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