ARGE Netz ist in diesem Jahr Hauptsponsor des Branchentages in Schleswig-Holstein. Das freut uns sehr! Warum haben Sie sich dazu entschlossen?

Stephan Frense: Zum einen natürlich, weil wir damit den BWE unterstützen wollen, mit dem wir seit vielen Jahren eng zusammenarbeiten. Und zum anderen, weil wir als ARGE Netz mit unseren fast 400 Gesellschaftern ein klares Signal senden wollen: Die Energiewende braucht den Mittelstand!

ARGE Netz vertritt die Interessen des erneuerbaren Mittelstandes in Schleswig-Holstein. Was brauchen Ihre Unternehmen am dringendsten?

Stephan Frense: Wir benötigen: mehr Flächen, schnellere Genehmigungen, mehr Repowering sowie eine Politik ausgestattet mit den Tugenden: Mut, Entschlossenheit und dem festen Willen, jetzt den Turbo für die Energiewende in SH zünden zu wollen.

Also läuft die Energiewende im Norden noch nicht rund?

Stephan Frense: Wir könnten hier deutlich mehr machen. Zurzeit werden zwar mehr Wind- und Solarprojekte genehmigt als in früheren Jahren. Das ist gut, aber nach den langen Jahren des Moratoriums auch dringend erforderlich – und leider noch längst nicht ausreichend. Heute stehen in Deutschland Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von knapp 56 Gigawatt. Ein Achtel davon, nämlich sieben Gigawatt, steht in Schleswig-Holstein. Bis 2040 will die Bundesregierung die Windleistung an Land auf 160 Gigawatt fast verdreifachen. Das bedeutet, Schleswig-Holstein müsste seine Windleistung um 13 auf dann 20 Gigawatt steigern. Das ist mit dem gemächlichen Tempo, mit dem die Landesregierung unterwegs ist, nicht zu schaffen.

Was ist zu tun?

Stephan Frense: Wir brauchen mehr Flächen. Die zwei Prozent Landesfläche, die die Regierung im neuen Regionalplan ausgewiesen hat, sind nicht ambitioniert genug und werden nicht ausreichen. Mit einem nachhaltigen Repowering von Altanlagen können wir zwar die Leistungsfähigkeit der bestehenden Windparks deutlich erhöhen. Und das Repowering ist auch unbedingt erforderlich, um den Flächenverbrauch zu minimieren. Da sind wir übrigens mit den Naturschutzverbänden einer Meinung. Aber eine Verdreifachung der Anlagenleistung ist mit dem Repowering allein nicht zu machen. Wir brauchen drei Prozent plus X der Landesfläche für die Windenergie, sonst wird die Energiewende in Schleswig-Holstein und somit in Deutschland nicht gelingen.

Glauben Sie, dass Sie dafür die Unterstützung der Politik bekommen?

Stephan Frense: Von allen politischen Seiten höre ich in den Gesprächen Zustimmung dafür, dass wir hier in SH große Chancen haben. Ich ergänze dann gerne – „und eine Energie-Verantwortung haben“. Die Energiewende wird ein zentrales Thema des Wahlkampfs werden, da bin ich mir sicher. Der Ukraine-Krieg hat die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von fossilen Energieimporten schonungslos offengelegt. Erdgas aus anderen Ländern, LNG und ein Hochfahren von Kohlekraftwerken aus der Reserve können höchstens kurzfristig die schlimmsten Folgen dieser Abhängigkeit lindern. Teil der Lösung können sie nicht sein. Kurz-, mittel- und langfristig führt kein Weg an einem drastischen Ausbau der Wind- und Solarenergie vorbei. Das wissen auch alle, die sich mit der Materie beschäftigen. Nur sprechen es manche in der Politik nicht aus, weil sie um Wählerstimmen fürchten.

Das ist ziemlich kurzsichtig …

Stephan Frense: Richtig, da erwarte ich deutlich mehr. Und noch einmal: Ich sehe die riesigen Chancen für Schleswig-Holstein. Der Ausbau der Erneuerbaren in unserem Land ist die beste Voraussetzung für die Ansiedlung von Industrieunternehmen. Die Industrie geht dorthin, wo die Energien sind. Die Industrie braucht grünen Strom, um zu produzieren. Und sie braucht grünen Wasserstoff in großen Mengen dort, wo eine Elektrifizierung der Prozesse nicht möglich ist. Wir in Schleswig-Holstein haben die besten Voraussetzungen für beides, die Produktion von Grünstrom und grünem Wasserstoff: Wind, Sonne, Flächen, Häfen, Straßen, Erfahrung, Kompetenz und Akzeptanz. Bessere Standortfaktoren bringt kein anderes Bundesland mit. Mein großer Wunsch ist, dass wir alle – Bürger, Politiker und Unternehmer – die Chancen der Energiewende erkennen und nutzen und nicht ständig nur die Risiken betonen. Wir können die Gewinner der Energiewende sein; aber dafür müssen wir uns alle miteinander mehr anstrengen als bisher.


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