Vor diesem Hintergrund riefen die Mitglieder der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) im Juli 2018 die „Plattform Genehmigungssituation“ ins Leben. Ziel der Plattform ist es, einen institutionenübergreifenden Austausch zu führen, in dem bestehende und potenzielle Herausforderungen für die Genehmigung von WEA identifiziert und praxisnahe Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. An der Plattform nehmen rund 90 Vertreter aus Bundes- und Landesministerien, Regionalplanungs- und Genehmigungsbehörden, Verbänden der Energiewirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes sowie Akteure aus dem Bereich Projektierung und Anlagenbau teil.

Arbeitsweise der Plattform Genehmigungssituation

Ausgangspunkt für die Arbeit der Genehmigungsplattform war im Herbst 2018 die umfassende Sammlung der bestehenden Genehmigungshindernisse. Eine Umfrage unter Herstellern ergab, dass die stockende Flächenausweisung und, mit Abstand folgend, artenschutzrechtliche Belange die Hauptgründe für nicht erteilte Genehmigungen darstellen. In einem zweiten Schritt wurden insbesondere die Themenfelder Flächenausweisung, Artenschutz und Genehmigungsverfahren vertieft diskutiert und erste Lösungsansätze formuliert. Einige dieser Ansätze wurden bzw. werden in Kleingruppen oder von der FA Wind weiter ausgearbeitet. Erste Ergebnisse möchten wir im Folgenden kurz darstellen:

Ausgewählte Ergebnisse

Die derzeitige Flächenbereitstellung entspricht bei einer bundesweiten Betrachtung weder den klima- noch den energiepolitischen Zielen der Bundesregierung. Hinzu kommt, dass zahlreiche Pläne zur Steuerung der Windenergie im Außenbereich erfolgreich vor Gericht angefochten werden. Die Planungssicherheit, aber auch die Akzeptanz, wird dadurch erheblich beeinträchtigt. Um eine ausreichende Flächenbereitstellung zu gewährleisten, schlagen die Teilnehmenden der Genehmigungsplattform verbindliche Vorgaben – etwa im Hinblick auf Flächenziele oder Leistungsmengen – vor. Möglichkeiten, um die Rechtssicherheit von Plänen zur Steuerung der Windenergienutzung zu erhöhen, sahen die Teilnehmenden am ehesten in einer Anpassung der gesetzlichen Grundlagen. Dazu hat die FA Wind drei konkrete Vorschläge erarbeitet und in einem Diskussionspapier veröffentlicht.[1]

Die größten Schwierigkeiten bereiten im Genehmigungsprozess im Bereich des Artenschutzes fehlende Rechtsvorgaben für materielle Anforderung an das individuenbezogene Tötungsverbot (Maßstab der Signifikanz) sowie fehlende einheitliche Methodenstandards zur Erfassung der Arten. Zudem müsse geklärt werden, inwieweit die Ausnahmemöglichkeit im Bundesnaturschutzgesetz für Windenergievorhaben genutzt werden kann. Die Umweltministerkonferenz (UMK) bemüht sich derzeit, dem Kriterium der Signifikanz eine klarere Kontur zu geben. Der Prozess wird von der FA Wind wissenschaftlich begleitet. Hinweise zur Anwendung der Ausnahmeregelung hat die UMK im Mai beschlossen.[2]

Für das Genehmigungsverfahren selbst nannten die Teilnehmenden der Plattform zunächst uneinheitliche Anforderungen an die Genehmigungsunterlagen als eine Ursache für zu lange Verfahren. Abhilfe könnten hier Checklisten schaffen, die es bereits in einigen Ländern gibt. Diskutiert wurde zudem eine einheitliche Zuständigkeit der oberen Landesbehörden – eine Diskussion, die in einigen Bundesländern weitergeführt wird. Darüber hinaus stellten sich Fragen rund um die Vollständigkeit sowie das Ingangsetzen von Fristen. Die Anforderungen an die Vollständigkeit der Verfahrensunterlagen und die Bedeutung für das Verfahren hat die FA Wind in einem Hintergrundpapier herausgearbeitet [3]. In einem weiteren Diskussionspapier haben FA Wind und BWE Überlegungen für die Konzeption einer Empfehlungsstelle zusammengefasst. Eine solche Stelle könnte durch gezielte Empfehlungen zu umstrittenen Fragen zu einer Verfahrensbeschleunigung führen.[4]

Als einen weiteren Grund für langwierige Genehmigungsverfahren haben die Teilnehmenden der Plattform das uneinheitliche Vorgehen bei nachträglichen Änderungen (an) der Anlage identifiziert. Auch die Problematik wird in einer Kleingruppe vertieft bearbeitet. Mittels einer Betreiberumfrage werden die genehmigungsrechtlichen Folgen von Änderungen (an) der Anlage erfragt. Die Ergebnisse sollen als Grundlagen für eine Vereinheitlichung der Praxis dienen. Die Möglichkeit, mit typenoffenen Genehmigungen zu arbeiten, haben FA Wind und Stiftung Umweltenergierecht in einem u.a. DBU-geförderten Projekt untersucht.[5]

Für eine Erleichterung bei der Beachtung des Denkmalschutzes sollen Visualisierungsstandards, die die FA Wind in Kooperation mit der Landesenergieagentur Mecklenburg-Vorpommern und dem Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende erarbeitet, sorgen.

Auch militärische Belange und Belange der Flugsicherheit stehen zunehmend in Konflikt mit der Genehmigung von Windenergieanlagen. Die militärischen Belange betreffend hat der BWE seine Kontakte zur Bundeswehr wieder aufgenommen. Bei der Thematik der Flugsicherung lag der Schwerpunkt der Diskussionen auf der Bewertung des Störeinflusses von WEA auf Drehfunkfeuer (D/VOR). Hierzu hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt eine neue Berechnungsmethode veröffentlicht, die von der Deutschen Flugsicherung inzwischen angewandt wird.[6] Gleichwohl sind weitere Maßnahmen möglich, wie der Ersatz von VOR. Mathematisch-signalanalytische Verfahren, mit denen die Störeinflüsse der WEA auf Wetterradare herausgerechnet werden können, sollen in dem inzwischen gestarteten BMWi-geförderten Forschungsprojekt RIWER[7] unter der Leitung der Hochschule Neubrandenburg und unter Mitarbeit der FA Wind entwickelt werden.

Ausblick

Inzwischen steigen die Genehmigungszahlen wieder leicht an.[8] Das ist v.a. auf eine stärkere Flächenbereitstellung in einzelnen Ländern zurückzuführen, wie etwa in Schleswig-Holstein, wo der Stand der Regionalplanung vermehrt Ausnahmen zulässt. Für das Erreichen der Klimaziele und die Versorgungssicherheit reicht dies jedoch bei weitem nicht aus. So dürften viele der in der Genehmigungsplattform behandelten Themen noch länger aktuell bleiben. Geboten ist auch ein deutlicheres öffentliches Bekenntnis der Politik zur Energiewende und dem Ausbau der Windenergie.

 

[1] FA Wind, Gesetzgeberische Möglichkeiten für eine rechtssichere Konzentrationszonenplanung – Drei Vorschläge zur Diskussion, Berlin 2020.

[2] UMK, Hinweise zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben v. 13.5.2020.

[3] FA Wind, Vollständigkeit im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen, Berlin 2020.

[4] FA Wind / BWE, Einrichtung einer Empfehlungsstelle im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land – Ein Vorschlag zur Diskussion, Berlin 2020.

[5] FA Wind / SUER, Typenunabhängige Genehmi­gung für Windenergieanlagen, Berlin 2020.

[6] Siehe hierzu FA Wind, Meldung vom 11.5.2020: Bewertung von Windenergieanlagen.

[7] Removing the Influence of Wind-Park-Echoes in Weather-Radar-Measurements.

[8] FA Wind, Ausbausituation der Windenergie an Land im 1. Halbjahr 2020, Berlin 2020.