Generelles Beschleunigungsgebot und Vorrang für EE-Vorhaben
Zu diesem Zweck beschloss der Bundestag erstmal generell und für nahezu sämtliche Gerichtsverfahren gegen Infrastrukturvohaben, für die die Oberverwaltungsgerichte und VGH’s gem. § 48 VwGO in erster Instanz zuständig sind, diese „sollen vorrangig und beschleunigt“ durchgeführt werden. Im Entwurf der Bundesregierung war das noch als zwingende Priorisierung formuliert gewesen. Immerhin: Nochmal „besonders zu priorisieren“ sind Klageverfahren und Normenkontrollverfahren gegen Vorhaben, für die ein Bundesgesetz ein überragendes öffentliches Interesse feststellt. Und das trifft ja bekanntermaßen mit § 2 EEG auf sämtliche Erneuerbare-Energien-Vorhaben zu. Zudem soll künftig das Gericht „in geeigneten Fällen„ zu einen frühen ersten Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden. Außerdem strebt der Gesetzgeber eine Begrenzung des Prozesssoffs an und vereinfachte die Vorraussetzen für eine sog. innerprozessuale Präklusion.
Behörden verpflichtet das neue Gesetz, ab 2024 elektronisch geführte Akten als „digital durchsuchbare Dokumente vorzulegen, soweit dies technisch möglich ist“. Die zunächst angedachte Klageerwiderungsfrist von 10-Wochen hat der Bundestag allerdings nach der – sehr kritischen – Sachverständigenanhörung verworfen.
Keine Außervollzugsetzung bei offensichtlich schnell behebbaren Fehlern
Den Gerichten werden bei Eilentscheidungen neue Entscheidungsvarianten an die Hand gegeben: So kann ein Gericht Form- und Verfahrensmängel oder auch Abwägungsmängel „außer Betracht lassen, wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird“! D.h.: Selbst bei festgestellten Fehlern kann das Gericht auf eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs verzichten und damit die angegriffene Genehmigung im Eilverfahren erstmal ausnutzbar bleiben. Allerdings soll das Gericht eine Frist zur Behebung des Mangels setzen. All dies gilt grundsätzlich nicht bei Verfahrensfehlern gemäß § 4 Abs. 1 UmwRG, also vor allem bei Fehlern im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeits(Vor-)prüfungen.
Daneben soll das Gericht die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung „in der Regel auf diejenigen Maßnahmen des angefochtenen Verwaltungsaktes beschränken, bei denen dies erforderlich ist, um anderenfalls drohende irreversible Nachteile zu verhindern“. Damit dürfte wohl beispielsweise gemeint sein, bei einem durch Windenergieanlagen drohenden Tötungsrisiko kollisionsgefährderter Vogelarten die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nur hinsichtlich des Tagbetriebs – nicht aber hinsichtlich der Anlagenerrichtung und des Nachtbetriebs – anzuordnen. Generell: wenn Vorhaben im (gesetzlich festgestellten) überragenden öffentlichen Interesse liegen, dann muss das künftig das Gericht im Rahmen der bei Eilentscheidungen häufigen Vollzugsfolgenabwägung besonders berücksichtigen.
Diese Änderungen der VwGO stehen in einer Reihe zahlreicher Gesetzesnovellen in den letzten Monaten, die alle das Erreichen der Energiewende beschleunigen sollen. Sie gelten daher konsequenterweise bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes. Danach muss sich zeigen, wie sehr sie den erhofften Zweck, die dringend erforderliche Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren erreichen.