Hermann Albers, Präsident des Bundesverband WindEnergie:
„Die stark angehobenen Ausbauziele im neuen EEG sind die ambitioniertesten Vorgaben, die es jemals in der Bundesrepublik gab. Aber alle guten Absichten nützen nichts, wenn es nicht gelingt, die beabsichtigte Leistung auch tatsächlich ans Netz zu bringen. Unser Verband betont seit Jahren, dass der Genehmigungsprozess deutlich vereinfacht werden muss. Aktuell dauert ein Verfahren im Schnitt rund sechs Jahre. Dieser Zustand ist, gerade in Anbetracht der gewachsenen Anforderungen an die deutsche Energieversorgung, nicht länger tragbar“
Der BWE drängt auf das Beschleunigungsgesetz, da Deutschland sonst eine deutliche Zubaulücke droht, bis die Maßnahmen des Osterpakets, insbesondere zur Bereitstellung von Fläche, greifen. Das verbindliche Ziel von zwei Prozent der Landesfläche ist nun erst für das Jahr 2032 vorgesehen. „Aktuell befinden sich Windenergieprojekte mit einer Leistung von 10.000 Megawatt noch im Genehmigungsprozess. Diese laufenden Verfahren müssen dringend beschleunigt werden, um die Zubauziele zu erreichen“, so Albers. Mit einem Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren war bereits im Rahmen des Osterpakets gerechnet worden. Auch wenn das neue EEG mit der Feststellung, dass die Erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegen, schon einen wichtigen ersten Schritt gegangen ist, sieht der Verband noch weiteren Konkretisierungsbedarf.
Der Bundesverband WindEnergie hat hierzu bereits konkrete Vorschläge notwendiger Gesetzesänderungen vorgelegt (BWE-Aktionsprogramm für die 20. Legislaturperiode und BWE-Umsetzungsempfehlungen zum Sommerpaket). Der BWE fordert die Verfahren neben Konkretisierungen für das Repowering in § 16b BImSchG durch Nachbesserungen insbesondere in den folgenden sieben Punkten zu beschleunigen:
- Genehmigungsverfahren müssen digitalisiert werden
Noch immer muss der Großteil der Antragsunterlagen in Papierform eingereicht werden, Anträge füllen ganze Ordnerwände. Dies ist im Jahr 2022 nicht mehr zeitgemäß. - Möglichkeiten zur Verlängerung von Genehmigungsverfahren müssen begrenzt werden
Die Verlängerungsmöglichkeit von Teilschritten innerhalb der Genehmigungsverfahren sollte auf eine einmalige Verlängerung von sieben bzw. drei Monaten (bei vereinfachten Verfahren) begrenzt werden. Eine Verlängerung sollte zudem nur nach einer verpflichtenden, substantiierten Begründung gegenüber den Antragsteller*innen möglich sein. - Nachforderungsmöglichkeit von Unterlagen begrenzen, Frist für die Vollständigkeitserklärung einführen
Behörden sollten zusätzliche Unterlagen gegenüber den Antragsteller*innen nur einmalig nachfordern dürfen. Zudem muss eine Frist für die Vollständigkeitserklärung ggü. den Antragstellenden sowie die Definition vollständiger Unterlagen in das BImSchG aufgenommen werden. Sollte die Erklärung ausbleiben, bedarf es einer Fiktion. - Schwelle für Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) muss erhöht werden
In Anbetracht der Dringlichkeit empfiehlt der BWE, kleinere Windparks mit nur drei bis fünf Anlagen nicht mehr länger einer verpflichtenden standortbezogenen Vorprüfung einer UVP zu unterziehen. Stattdessen sollte diese freiwillig sein.
- Personalausstattung der Behörden sowie externe Unterstützung müssen verbessert werden
Die Zubauziele des EEG werden einen regelrechten Ansturm auf die Genehmigungsbehörden mit sich bringen. Um diesen bearbeiten zu können, bedarf es einer deutlich erhöhten Personalausstattung in den Behörden sowie weiteren Regelungen hinsichtlich des Einsatzes von Projektmanager*innen, damit diese nicht aus personellen Gründen zum Nadelöhr werden. - Ersetzungsbefugnis der Zustimmung im Bereich Luftverkehr und Straßenrecht
Da die Zustimmung der Behörden im Bereich Luftverkehr und Straßenrecht oft grundlos oder sogar rechtswidrig verweigert wird, bedarf es einer Ersetzungsbefugnis der BImSch-Behörde. Im Bereich Straßenrecht muss das Zustimmungserfordernis für den Fall wegfallen, dass nur der Rotor in Anbaubeschränkungszone hineinragt.
Gerichtsverfahren beschleunigen
Wir benötigen klare Vorgaben in Bezug auf den Fristbeginn für Rechtsbehelfe Dritter, auch in Eilverfahren und für die Begründungen in Drittanfechtungsfällen.
Auch eine deutliche Vereinfachung des Repowerings, wie im Koalitionsvertrag schon angekündigt, bietet die Chance schnell große Zubauvolumen zu entfesseln. Kurz-bis mittelfristig gibt es hier ein Potenzial von rund 45.000 Megawatt. Der BWE schlägt vor, dass Verfahren dahingehend zu vereinfachen, dass keine erneute naturschutzfachliche Prüfung an den seit Jahrzehnten bestehenden Standorten mehr nötig ist. Zudem sollte eine vereinfachte Anzeigepflicht ermöglicht werden. Angesichts des energetische fordernden Winters schlägt der BWE vor, vorübergehend Betriebseinschränkungen auszusetzen. Somit kann jede Kilowattstunde sauber produzierten Stroms auch tatsächlich genutzt werden.
„Die Windenergiebranche steht bereit, die Ausbaupläne der Bundesregierung Realität werden zu lassen. Dazu brauchen wir aber auch die notwendigen Genehmigungen, um die Ausschreibungsvolumen zu füllen und die Anlagen schließlich ans Netz zu bringen. Viel zu lange waren unnötig komplizierte und bürokratische Prozesse einer der größten Bremsklötze für die Windenergie. Es braucht jetzt dringend ein Beschleunigungsgesetz für die Genehmigungsverfahren. Dann können aus den guten Zielen auch tatsächliche Kilowattstunden werden“,
so Hermann Albers abschließend.