Um große Mengen an  norddeutscher Windenergie zielgerichtet in die Wirtschafts- und Metropolregionen Nordrhein-Westfalens transportieren zu können, werden die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und Amprion bis 2030 das neue Gleichstrom-Erdkabel-Projekt „B-Korridor“ realisieren. Politische Unterstützung erhält das Projekt von den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Das Netzausbauprojekt besteht aus zwei einzelnen Verbindungen und wurde mit dem im Februar verabschiedeten Bundesbedarfsplangesetz als notwendig bestätigt. Zusätzlich soll es das Drehstromnetz in Schleswig-Holstein und Niedersachsen ergänzen und entlasten.

TenneT-Geschäftsführer Tim Meyerjürgens sagte:

„TenneT bringt in die Planungen und den Bau des B-Korridors seine weitreichenden Erfahrungen und Expertise aus einem Dutzend Offshore-Netzanbindungen und Interkonnektoren ein. Der Einsatz von Hochspannungsgleichstrom-übertragung (HGÜ) ist für uns eine erprobte Technologie. Bereits vor Beginn des ersten offiziellen Genehmigungsverfahrens wollen wir umfassend und transparent informieren und erste informelle Hinweise zur Planung entgegennehmen.“

Da zunächst der Untersuchungsrahmen sowie ein zu untersuchendes Korridornetz definiert werden, sind zum jetzigen Planungsstand ausschließlich großflächige Hinweise relevant. Neben dieser informellen Beteiligung bietet auch die Bundesnetzagentur sowohl während der Bundesfachplanung als auch im Planfeststellungsverfahren über Erörterungstermine und Antragskonferenzen weitere Möglichkeiten, sich formell zu beteiligen und Stellungnahmen abzugeben.

Olaf Lies, Niedersächsischer Energieminister, sagte:

„Niedersachsen ist das Bundesland, das am meisten Windenergie auf See und an Land produziert, aber der Strom muss auch dorthin gelangen, wo er gebraucht wird. Der Zeitdruck wächst hier stetig, da wir alles daran setzen müssen, unsere selbstgesteckten Ziele beim Klimaschutz, zu erreichen. Die Energiewende als Grundbaustein des Klimaschutzes kann aber nur gelingen, wenn der Netzausbau zügig und möglichst raumverträglich umgesetzt wird. Der B-Korridor ist ein wichtiger Baustein der Energiewende und wird für Niedersachsen und die anderen beteiligten Länder einen hohen Nutzen bringen.“

Olaf Lies sagte weiter:

„Für ein HGÜ-Gesamtkonzept stellt das ‚Multi-Terminal-System (MT-System)‘ mittelfristig gesehen eine zukunftsweisende Lösung in der Hochspannungsgleichstromtechnologie mit den sogenannten ‚DC-Hubs‘ dar. Die DC-seitige Verknüpfung mehrerer Gleichstromabschnitte ermöglicht Effizienz und Netzflexibilisierung unter maximaler Ausnutzung des vorhandenen Gesamtsystems. Die Planung sollte dann in einem entsprechenden Gesamtkonzept Regelzonengrenzen überschreitend erfolgen. Die Prüfung der Möglichkeit des Baus von Multiterminals an den Netzverknüpfungspunkten Rastede und Wilhelmshaven 2 wird von der Landesregierung ausdrücklich unterstützt.

Die gute Zusammenarbeit zwischen dem Land Niedersachsen, den Behörden im Land und den Übertragungsnetzbetreibern soll fortgeführt werden, sodass auch künftig die Belange der Menschen vor Ort, insbesondere auch die der Landwirtschaft durch den Erdkabelvorrang, bestmöglich in der Planung berücksichtigt werden. Niedersachsen setzt dabei weiterhin auf die bewährte Regelzonenverantwortung der zuständigen Netzbetreiber. Das Land und TenneT setzen auf intensiven Dialog mit allen Betroffenen.“

Jan Philipp Albrecht, Energiewendeminister in Schleswig-Holstein sagte:

„Das Energiewendeland Schleswig-Holstein kann mit dem B-Korridor seinen grünen Strom in Zukunft noch mehr in die starken Verbrauchszentren leiten. Schleswig-Holstein produziert heute – und künftig noch mehr – einen enormen Überschuss an erneuerbarer Windenergie, der ab 2030 über die neue Verbindung in den Westen Deutschlands  abtransportiert werden kann. Dieses Netzausbauprojekt trägt somit maßgeblich zu einer erfolgreichen Energiewende bei. Der B-Korridor ist ein Gleichstromprojekt. Hierfür gilt der Erdkabelvorrang. Mit der Bevölkerung, vor allem den Flächeneigentümern, also häufig den Landwirten, sowie natürlich mit Blick auf Naturschutz und Umweltbelange gilt es, eine verträgliche Umsetzung durch einen guten Korridorverlauf zu finden.“

Tim Meyerjürgens betonte:

„Deutschland hat sich mit der Energiewende ehrgeizige Ziele gesetzt: Die Senkung der CO2-Emissionen, den Ausstieg aus Kernkraft und Kohlestrom und den raschen Zubau von erneuerbarer Energie. Damit dies gelingen kann, braucht es den zügigen Ausbau eines damit einhergehend leistungsstarken und ausbalancierten Stromnetzes. Gleichstromleitungen spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie transportieren große Mengen Strom verlustarm über sehr weite Strecken.“

B-Korridor besteht aus zwei Gleichstrom-Erdkabel-Verbindungen

Der „B-Korridor“ besteht aus zwei Gleichstrom-Erdkabel-Leitungen zwischen Heide in Schleswig-Holstein und Polsum (NRW) sowie Wilhelmshaven (Niedersachsen) und der Region Hamm (NRW), die jeweils eine Kapazität von zwei Gigawatt und einer Länge von insgesamt knapp 700 Kilometer haben. Mit vier Gigawatt kann rein rechnerisch der Strombedarf von rund zehn Millionen Haushalten gedeckt werden. An den Start- und Endpunkten sind jeweils Konverter und Umspannwerke nötig, um die Leitung an das Drehstromnetz anzuschließen. Der B-Korridor besteht aus zwei Vorhaben:

  • Das Vorhaben DC21b (Bezeichnung gemäß Netzentwicklungsplan) wird vom Netzverknüpfungspunkt Wilhelmshaven circa 267 Kilometer durch Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bis in den Raum Hamm führen. 
  • Das Vorhaben DC25 verläuft vom Umspannwerk Heide/West in Schleswig-Holstein über circa 407 km durch Niedersachsen bis ins nordrhein-westfälische Polsum bei Marl.  

Der B-Korridor ist – neben SuedLink – das größte Gleichstromprojekt von TenneT. Mit dem Bundesbedarfsplangesetz vom 25. Februar 2021 wurde der gesetzliche Auftrag erteilt, dieses Vorhaben zu planen und zu realisieren. Er soll bis zum Jahr 2030 in Betrieb gehen.

Für beide Verbindungen ist der Erdkabelvorrang gesetzlich festgelegt. Damit geht TenneT bei der Planung von 100 Prozent Erdkabel aus. Außerdem ist die gemeinsame Querung der Elbe mit dem SuedLink im Gesetz festgeschrieben. Darüber hinaus enthielten die Übertragungsnetzbetreiber den Auftrag, die Bündelung der beiden Verbindungen auf einer gemeinsamen Stammstrecke zu untersuchen. Zum jetzigen frühen Planungsstand können allerdings noch keine Aussagen darüber getroffen werden, ob und wenn ja in welchem Umfang die beiden Verbindungen auf einer Stammstrecke sinnvoll gebündelt werden können.

Bundesfachplanung

Mit Erlass des Bundesbedarfsplangesetztes startet die Vorbereitung auf das formelle, zweistufige Genehmigungsverfahren. Da es sich um ein länderübergreifendes Projekt handelt, durchläuft der B-Korridor – gesetzlich festgelegt durch das Netzausbaubeschleunigungsgesetz – zunächst eine voraussichtlich im Herbst 2022 startende Bundesfachplanung und anschließend ein Planfeststellungsverfahren. Die zuständige Genehmigungsbehörde ist die Bundesnetzagentur, die das Verfahren leitet und letztlich auch über den Verlauf der Stromleitung entscheiden wird.

Was ist der (gelb hervorgehobene) Datenvorhalteraum?

Der Datenvorhalteraum ist der Raum, der untersucht wird, um das Trassenkorridornetz zu entwickeln. Der Umfang des Datenvorhalteraums zwischen den Netzverknüpfungspunkten basiert auf Vorgaben des Umweltberichts zum Bundesbedarfsplan. Aus diesem großflächigen Raum werden sämtliche Datengrundlagen, beispielsweise zu Natur- und Wasserschutzgebieten oder zur ländlichen Entwicklung, aus den Ministerien und Landkreisen zusammengetragen und aufbereitet. Aktuell befinden sich knapp 30 Landkreise ganz oder zum Teil im Datenvorhaltraum und mehrere 100 Gemeinden. Ob die jeweiligen Landkreise und Gemeinden später von einem der Trassenkorridore berührt werden, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.

Warum sind die Luftlinien zwischen den Netzverknüpfungspunkten abgebildet?

In einem ersten Planungsschritt wird der Datenvorhalteraum nach Raum- und Umweltkriterien analysiert und strukturiert. In einer Widerstands-Entfernungs-Analyse werden dann für jeden Raum hohe Raumwiderstände in ein Verhältnis zu einem möglichst kurzen Verlauf (Luftlinien) gebracht. Auf diese Weise wird ein Raum berechnet, der möglichst kurze Verbindungen erlaubt und zugleich möglichst wenige räumliche und bautechnische Hindernisse enthält. Das Ergebnis ist ein länglicher, strukturierter Untersuchungsraum zwischen den Netzverknüpfungspunkten, der in den nächsten Monaten erarbeitet wird.