Es ist verblüffend: Wenn in einer Gemeinde öffentlich wird, dass ein Windpark gebaut werden soll, formiert sich häufig Widerstand. Gleichzeitig zeigen Umfragen, dass die überwiegende Mehrheit der zahlreiche Deutschen der Windenergie positiv gegenübersteht. Und das auch in der eigenen Nachbarschaft.

Reale Zustimmung ist größer als von den Bürgern erwartet …

So auch in der jüngsten Befragung der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind): 79 Prozent der Befragten gaben im Herbst 2020 an, ihnen seien die Nutzung und der Ausbau der Windenergie an Land „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Wenn bereits Windparks im Wohnort gebaut sind, ist die Zustimmung sogar noch höher: 83 Prozent sind mit diesen Anlagen „eher“ oder „voll und ganz“ einverstanden. Lediglich 16 Prozent gaben an, „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ einverstanden zu sein. Spannenderweise ist die öffentliche Wahrnehmung jedoch eine ganz andere: So schätzten die Umfrageteilnehmer den Anteil der Kritiker von bestehenden Anlagen in ihrer Gemeinde im Schnitt auf 40 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in Wirklichkeit. „Das Bild der Öffentlichkeit prägt ein relativ kleiner Bevölkerungsanteil, der sich aktiv gegen Windenergieprojekte engagiert. Zustimmung wird vor Ort oft kaum plakativ geäußert oder gar aktiv auf die Straße getragen und entsprechend auch weniger wahrgenommen“, sagt Frank Sondershaus, Referent im Bereich Akzeptanz und Beteiligung bei der FA Wind in Berlin.

… mit zum Teil gravierenden Folgen.

Das kann schwerwiegende Folgen haben: „Eine wichtige Einflussgröße bei der Akzeptanz sind soziale Normen. Menschen orientieren sich am Verhalten anderer“, sagt Prof. Dr. Gundula Hübner vom Institut für Psychologie der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg und der MSH Medical School Hamburg, die zum Thema Akzeptanz forscht. Wenn eine Minderheit stark gegen einen geplanten Windpark protestiere, könne sich eine Stimmung entwickeln, die die unterstützende Mehrheit in den Hintergrund drängt. „Und während die Gegner von Windenergieprojekten oft sehr gut organisiert sind, sind Befürworter oft unsicher darüber, wie sie sich einbringen können.“

Die Lösung: Befürworter zu aktiven Unterstützern machen.

Wie kann die Windbranche dem nun entgegenwirken? „Es kommt darauf an, die passiven Befürworter zu aktiven Unterstützern zu machen“, sagt Lothar Schulze, Leiter des Bereichs Politik beim Projektentwickler Windwärts. Das funktioniere am besten über Transparenz und Beteiligung, so Schulze. „Wir haben gute Erfahrungen mit Bürgerwerkstätten gemacht, bei denen die Menschen selbst einen Energieplan für ihre Kommune im Jahr 2050 entworfen haben und dabei lernten: Es geht nicht ohne Windenergie.“ Auch ein mit der örtlichen Volksbank aufgelegter AnwohnerSparbrief sei ein großer Erfolg gewesen. In der Umfrage der FA Wind nannten die Teilnehmer vor allem solche finanziellen Beteiligungen als Möglichkeit zur Akzeptanzsteigerung: Eine effektive finanzielle Teilhabe der Kommunen (72 Prozent), vergünstigte Strompreise (65 Prozent) und Investitionsmöglichkeiten für Bürger (62 Prozent) können das Ansehen der Windenergie steigern. „Die Menschen müssen erleben, dass sich der Windpark positiv für sie auswirkt“, sagt Walter Delabar, Prokurist der MLK-Gruppe im brandenburgischen Jacobsdorf. Dabei dürften Menschen mit kleinen Einkommen nicht aus dem Blick verloren werden: „Eine direkte finanzielle Beteiligung mit Risiko können sich viele gar nicht leisten“, betont er. MLK habe daher gute Erfahrungen unter anderem mit Sparprojekten in Zusammenarbeit mit der DKB Bürgersparen und einem Anrainer-Ökostromangebot gemacht, das aus dem Windpark bezuschusst werde. „Räumliche und persönliche Nähe sind wichtig“, glaubt Delabar. Deswegen bringt MLK auch kleine Projekte auf den Weg: Über die Patenschaft für eine Kita in Prenzlau wird beispielsweise die tägliche Milchlieferung übernommen.

Lokale Industrie klimaneutral und konkurrenzfähig machen dank Ökostrom

Der Projektentwickler Energiequelle mit Hauptsitz in Kallinchen bei Berlin hat für kommunale Projekte eine Stiftung gegründet. „Je nach Projekt gibt Energiequelle eine bestimmte Summe an die Stiftung, die dann von Vereinen und Kommunen für deren Vorhaben abgerufen werden kann“, erläutert Unternehmenssprecherin Susanne Tauke das Konzept, das sehr gut ankomme. Das Geld könne dabei als einmalige Summe oder immer wieder in kleineren Teilsummen beantragt werden. Windwärts-Sprecher Lothar Schulze sieht in der örtlichen Industrie einen weiteren wichtigen Partner: „Viele Konzerne verfolgen das Ziel der Klimaneutralität und geben entsprechende Anforderungen an die Zulieferer weiter. Wenn wir mit einem direkten Ökostrombezug die Konzerne und ihre Zulieferer konkurrenzfähig halten, profitiert die Region von den gesicherten Arbeitsplätzen.“

EEG 2021 ermöglicht bessere Beteiligung der Kommunen

Wie wichtig dem Gesetzgeber eine Beteiligung der Kommunen ist, zeigt auch das neue EEG 2021. Paragraf 36k sieht vor, dass Betreiber den umliegenden Kommunen einen Anteil von 0,2 Cent/kWh zahlen können, den sie wiederum vom Netzbetreiber erstattet bekommen. „Das ist eine gute Regelung, die für Betreiber kostenneutral ist und den ländlichen Raum profitieren lässt“, findet Frank Sondershaus von der FA Windenergie an Land. „Um die Akzeptanz der Windenergie spürbar zu verbessern, müsste sie allerdings auf bereits bestehende Anlagen ausgeweitet werden. Dann würden auch die Kommunen belohnt, in denen der Ausbau bereits stattgefunden hat.“ Walter Delabar sieht das kritischer: „Das wird wohl am Ende zu wenig wahrgenommen“, meint er. Auch weil kaum vermittelt werden kann, dass die Bürger wirklich profitieren: „Das Geld fließt vielleicht in ein repräsentatives Gebäude, was sinnvoll sein kann, aber die Bürger haben vielleicht dazu eine ganze andere Meinung.“ Diese Gefahr sieht auch Lothar Schulze und hält daher eine Berichtspflicht der Kommune, wie viel Geld geflossen ist und wofür es verwendet wurde, für notwendig. „Grundsätzlich haben wir aber mit dem Paragraf 36k eine gute Basis für mehr Akzeptanz.“ Gundula Hübner betont, dass finanzielle Beteiligung allein nicht ausreicht. „Ein ganz wesentlicher Punkt für die Akzeptanz ist Vertrauen in die Akteure – und das darf nicht durch intransparente Planung verspielt werden.“ Am Ende bleibt eben immer noch eine gute Kommunikation zwischen Betreibern und Anwohnern der entscheidende Faktor für eine hohe Akzeptanz der Windenergie.


Das könnte Sie auch interessieren: