Hohe Anforderungen an konzentrierende Planung

Möchte ein Planungsträger (sei es auf Ebene der Flächennutzungsplanung oder auf Ebene der Regionalplanung) die Windenergienutzung im Planungsraum steuern und gewisse Bereiche von Windenergieanlagen freihalten, so hat der Gesetzgeber ihm mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, das es ihm ermöglicht, gro­ße Teile des Außenbereichs für die Windenergienutzung (oder andere privilegierte Vorhaben) zu sperren, soweit dafür an anderer Stelle eine positive Ausweisung für die gesteuerte Nutzung erfolgt ist. Die Windenergienutzung wird in dafür vorgesehenen Flächen konzentriert. An diese sog. Konzentrationszonenplanung als „gesamträumliche Planung“ mit Ausschlusswirkung (nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren besondere Anforderungen (Stichworte: harte und weiche Tabuzonen, substantiell Raum schaffen) gestellt, mit einer kaum noch zu übersehenden Anzahl von gerichtlichen Entscheidungen. Es zeigt sich, dass entsprechende Planungen besonders fehleranfällig sind und – aufgrund gerichtlicher Überprüfung und Aufhebung – die eigentlich gewollte Steuerungswirkung meist nachträglich wieder entfällt.

Alternative: Nur positive Planung

Daher dürfte so mancher Plangeber nach weniger fehleranfälligen Alternativen suchen. Eine zulässige Möglichkeit der Steuerung ist die rein positive Planung, also die Darstellung von Sondergebieten für die Windenergienutzung in Flächennutzungsplänen bzw. von entsprechenden Vorranggebieten in Regionalplänen, ohne die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für den übrigen Planungsraum auszulösen. Eine unmittelbare Sperrung von Flächen für die Windenergienutzung findet dann nicht statt. Diese Planung ist wesentlich weniger fehleranfällig, lässt aber letztlich gro­ße Räume auch außerhalb der positiv dargestellten/festgelegten Bereiche für die Windenergienutzung bestehen, was von vielen Plangebern nichtgewünscht ist (Stichwort: Verhinderung der Verspargelung der Landschaft).

Alternative: Partielle Ausschlussplanung

Daher liegt die Versuchung nahe, abseits einer Konzentrationszonenplanung ohne die hohen Anforderungen an ein gesamträumliches Plankonzept lediglich Bereiche, die aus Sicht des Plangebers weniger für die Windenergienutzung geeignet sind, von eben diesen Anlagen freizuhalten; etwa durch die abstrakte Vorgabe von Mindestabständen zur Wohnbebauung/Denkmälern oder die Sperrung von sensiblen Bereichen für die Windenergie (z. B. in Landschaftsschutzgebieten). Auch so kann man jedenfalls eine erhebliche Steuerungswirkung erreichen, wenn man vieleAusschlussflächen festlegt.

Keine Negativplanung über Ausschlusszonen

Diesem Ansatz hat nun das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht eine Absage erteilt (Urt. v. 12.04.2021 – 12 KN 159/18). Es urteilte jüngst in einem Fall, in dem der Plangeber in seinem Regionalplan einen solchen Ansatz verfolgte und weite Teile des Plangebiets durch solche Negativziele der Raumordnung sperrte, dass die gewählte Konstruktion eine unzulässige Umgehung der besonderen Anforderungen an die gesamträumliche Planung darstellt. Die Steuerung privilegierter Außenbereichsvorhaben ist spezialgesetzlich (in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) geregelt, sodass ein Vorrang zur generelleren Norm (des § 35 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 BauGB, wonach raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen) besteht. Wenn eine Steuerung von privilegierten Vorhaben gewünscht ist, so das Gericht, müssen auch die Voraussetzungen der Norm für die Konzentrationszonenplanung eingehalten werden. Eine Steuerung durch negative Ziele der Raumordnung ist nicht möglich. Insofern ist das Gericht schon bezüglich der grundsätzlichen Konstruktion der Planung von einer unzulässigen Umgehungsgestaltung und damit einer Verhinderungsplanung ausgegangen (eine rein positive Planung wäre dem Plangeber hingegen nicht verwehrt gewesen).

Im Übrigen sah es auch abseits der grundsätzlichen Erwägungen zur Konstruktion hinsichtlich der beiden o. g. negativen Zielfestlegungen einen Konflikt mit dem Fachrecht. Denn hinsichtlich der Landschaftsschutzgebiete bestehen Landschaftsschutzgebietsverordnungen, die die Zulässigkeit von Vorhaben (inkl. Ausnahmetatbeständen) letztlich abschließend regeln. Insofern mangelte es dem Planungsträger an der Kompetenz diese fachrechtlichen Normierungen mit eigenen Regelungen zu überlagern. Gleiches sah der Senat hinsichtlich des Mindestabstandes zur Wohnbebauung; hier könnte sich ein Kompetenzkonflikt im Hinblick auf die Länderöffnungsklausel (in § 249 Abs. 3 BauGB) zur Einführung von Mindestabständen zur Wohnbebauung durch die Länder ergeben. Im Ergebnis stellte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wegen dieser Mängel dann die Unwirksamkeit des Kapitels „Windenergie“ des zu Grunde liegenden Regionalplans fest.

Folgen und Fazit: Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hebt daher nochmals deutlich die Bedeutung der Privilegierung der Windenergienutzung hervor. Wenn die Windenergienutzung sachgerecht gesteuert werden soll, funktioniert dies nur mittels einer gesamträumlichen Planung. Nur diese aufwendige Planung, in deren Ergebnis der Windenergienutzung substantiell Raum verschafft wird, rechtfertigt den Ausschluss der privilegierten Nutzungen an anderer Stelle. Jegliche Umgehung oder Vereinfachung, die ebenfalls zu einem Ausschluss führen soll, ist unzulässig. Den Plangebern bleibt also auch zukünftig – wenn eine Steuerung mit Ausschlusswirkung gewünscht ist – nichts anderes als eine gewissenhafte gesamträumliche Planung übrig. Erleichterungen für die Plangeber durch planerische Gestaltungen sind nicht möglich.

Dieser Text wurde erstmalig im BetreiberBrief 02/2021 veröffentlicht.


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