Der Renewable Energy Industrial Index (RENIXX) schnellte zu Beginn des neuen Jahres mit Werten von über 2.000 Punkten in ungeahnte Höhen. Aus Sicht von Dr. Norbert Allnoch, der als Geschäftsführer des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) diesen weltweit ersten EE-Branchen-Index etablierte, hat der Optimismus der Anleger mehrere Gründe.

So kehre durch die Wahl von Joe Biden die USA zurück zum Klimaschutz. „Damit haben wir eine historisch einzigartige Situation, bei der die EU, China und die USA ihre Wirtschaft gen Dekarbonisierung ausrichten. Das ist ein starkes Signal an die Märkte und wird den Erneuerbaren Energien und den grünen Wasserstoffsektor global betrachtet einen deutlichen Schub geben“, sagt Allnoch. „Der Wille zur Dekarbonisierung der Wirtschaft ist da, wie der milliardenschwere EU-Green Deal verdeutlicht.“ Globale Rekordwerte beim Ausbau erneuerbarer Kraftwerkskapazitäten bestätigen diese Perspektive. Gerade die Offshore-Windindustrie habe „unglaubliche Perspektiven“, so Allnoch – insbesondere, wenn auch die tiefen Gewässer erschlossen werden. Ein endgültiger Ausstieg der bisherigen Öl- und Gasindustrie aus den fossilen Energien sei dann möglich. Allein die drei Energieriesen BP, Shell und Total äußerten, bis Ende 2030 rund 100 Milliarden Dollar in Erneuerbare investieren zu wollen. Ganz klar: Grüne Energie löst das schwarze Gold ab. Das gilt auch für das New Yorker Investmentunternehmen Black Rock und andere Investoren. Angesichts extrem niedriger Ölpreise schmelzen die Renditen fossiler Papiere. Hinzu kommen die „Divestment“-Initiativen von privaten und öffentlichen Vermögensverwaltern.

Realwirtschaft strauchelt bei den Planern

Allerdings: Die „reale“ wirtschaftliche Situation in der deutschen Windenergie-Industrie sah in den letzten beiden Jahren eher bescheiden aus. Besonders Projektierer und Planer litten unter schlechten Ausbauzahlen. In den letzten drei Jahren kam es zu über 40.000 Entlassungen in der Windbranche, im letzten Sommer musste Enercon rund 3.000 Stellen abbauen.

Doch der kommende Ausstieg aus den fossilen Energien könnte jetzt eine Trendwende bedeuten, hoffen gerade auch mittelständische Projektierer wie die Münsteraner BBWind Projektberatungsgesellschaft – vorausgesetzt, dass die Politik nicht gleichzeitig auf die Bremse tritt. „Für die Wirtschaft wird eine klimaneutrale Produktion immer wichtiger. Die Politik jedoch bremst uns insbesondere in Nordrhein-Westfalen mit restriktiver Abstandspolitik in der Windenergie aus und begründet dies mit fehlender Akzeptanz“, moniert BBWindGeschäftsführer Heinz Thier. Dagegen helfen seiner Meinung nach regionale Wertschöpfung und Beteiligungsmodelle, um der Akzeptanzkritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Offshore steckt der Ausbau ebenfalls fest, auch ohne Akzeptanzdebatte. „Die Energiepolitik war in den vergangenen EEG verfehlt und kurzfristig angelegt“, kritisiert Andreas Wagner, Geschäftsführer der Stiftung Offshore-Windenergie. „Daher ist die wirtschaftliche Situation bei vielen Zulieferern derzeit kritisch.“ Trotz eines Ausbauziels im EEG 2021 von 20 Gigawatt bis 2030 bleibe die Ausbaulücke bestehen.

Positive Signale bei den Herstellern

Indessen scheint die Stimmung bei den großen Anlagenherstellern den Optimismus der Börsen widerzuspiegeln. „Der deutsche Markt könnte seine Rolle als europäischer Leitmarkt wiedererlangen“, sagt Klaus Rogge, Vertriebsleiter Zentraleuropa bei GE Wind Energy in Salzbergen. „Unsere Auftragsbücher für Europa und insbesondere Deutschland verzeichnen ein kontinuierliches Wachstum. Mit der 6.0-164 als neuester Ergänzung der Cypress-Plattform erwarten wir eine weitere Steigerung.“ Auch Nordex, deren Aktienwert sich im Verlauf des letzten Jahres verdoppelt hat, kann nicht klagen. So hat der Konzern seinen Umsatz im letzten Jahr auf rund 4,4 Milliarden Euro hochschrauben können. Dazu beigetragen haben große Aufträge aus den USA, aus lateinamerikanischen Ländern sowie aus Europa und der Türkei. Unternehmenssprecher Felix Losada erwartet zudem „positive Impulse, die vom Diskurs über den grünen Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie ausgehen“. Auch der deutsche Windmarkt hofft auf bessere Zeiten Notwendig ist diese Entwicklung allemal: Trotz gutem Ausblick bleibt der Windausbau in Deutschland noch hinter seinen Möglichkeiten. Dabei ist der Heimatmarkt für Planer und Hersteller auch als internationaler Showcase wichtig. SiemensGamesa schrieb 233 Millionen Euro Verlust vor Steuern und konnte im ersten Quartal 2021 überhaupt erstmals Gewinne vorweisen. Verantwortlich für die Gewinne sind laut dem deutsch-spanischen Joint Venture vor allem die Bereiche Offshore und Service. Onshore erwartet die Firma, Ende 2022 profitabel zu werden. Nordex rettete das Deutschlandgeschäft nur ein Deal mit RWE. Und auch GE Renewables – zu drei Vierteln von Onshore-Wind getragen – wies 2020 trotz guter Umsätze einen Verlust von 715 Millionen US-Dollar aus. Mit schmaler Marge von nur 3 % konnte Vestas dank 12,5 Milliarden Euro Umsatz mit Neuanlagen immerhin 400 Millionen Euro Gewinn erzielen. Aber da die Börse schließlich die Zukunft handelt, zählt der Blick auf die gut gefüllten Auftragsbücher vorerst mehr. Und die Hoffnung auf mehr grüne Zahlen. ist die wirtschaftliche Situation bei vielen Zulieferern derzeit kritisch.“ Trotz eines Ausbauziels im EEG 2021 von 20 Gigawatt bis 2030 bleibe die Ausbaulücke bestehen.


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