Ursprünglich konzentrierten sich Condition Monitoring-Systeme (CMS) bei Windenergieanlagen auf die Überwachung des Antriebsstrangs. Mit zunehmender Anlagenzahl gewann später auch die Überwachung des Zustands der Rotorblätter an Bedeutung. Heutzutage rückt die Überwachung des Zustands von Turm und Fundamenten mittels Structural Health Monitoring (SHM, oder zu Deutsch auch „Strukturüberwachung“) immer stärker in den Fokus.

Windenergieanlagen (WEA) müssen unter zum Teil extremen Windverhältnissen und klimatischen Bedingungen zuverlässig und vor allem sicher 20 Jahre und mehr sauberen Strom produzieren. Onshore stehen sie in Deutschland in einem immer dichter besiedelten Raum, oft nahe an bewohntem Gebiet oder Straßen. Stürzten sie ein oder würden Teile abgeworfen, könnte dies Menschenleben gefährden, nicht zu reden vom wirtschaftlichen Verlust.

In der Vergangenheit wurden Windräder alle zwei Jahre um zehn Prozent größer. Zudem werden laufend neue Materialien und neue konstruktive Ansätze erprobt. Rotorblattlängen von mehr als 100 m, Gesamthöhen von über 250 m, Nennleistungen von 12 MW und mehr sind üblich und ein Ende ist nicht in Sicht: In der Lausitz entsteht gerade das höchste Windrad der Welt. Es reicht bis in eine Höhe von 365 Metern.

Die mit dem Aufbau einer Windenergieanlage verbundenen Risiken sind nicht neu: Ein Rotorblatt kann brechen, der Turm einstürzen. Nur: Durch die immer größeren Anlagendimensionen nehmen die auf die Struktur einwirkenden Lasten und die damit einhergehenden Gefahrenpotenziale zu. Und die Auswirkungen von Katastrophen werden dadurch bedeutend schwerwiegender.

 

Risiko – oder doch keines?

Spätestens nach der zwanzigjährigen Regellaufzeit stellt sich die Frage, in welchem Zustand sich die Struktur einer Windenergieanlage befindet. Hat sie das Potenzial für eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung um weitere fünf oder zehn Jahre? Falls ja, verbessert dies den Return on Investment (ROI) massiv. Und eine längere Betriebsdauer hilft auch, die ‚Ausbaulücke‘, die zur Zielerreichung der Energiewende fehlt, zu überbrücken.

Um die Betriebsdauer zu verlängern, benötigt der Betreiber allerdings belastbare Fakten, beispielsweise, ob eine Anlage im Laufe des Betriebs überhaupt die Lasten erfahren hat, für die sie ursprünglich ausgelegt wurde. Genau hier kommt SHM ins Spiel.

 

Mehrwert aus Vorhandenem generieren

Moderne Windenergieanlagen verfügen allesamt über eine Schwingungsüberwachung des Triebstrangs, also über Condition Monitoring. Das ist eine bewährte Methode, um katastrophale Ausfälle von rotierenden Komponenten zu vermeiden. Zunehmend werden damit auch die Rotorblätter überwacht. Um Folgeschäden zu verhindern, ist jedoch darüber hinaus auch die Überwachung der Struktur wichtig. Und da eine genaue Kenntnis darüber auch die Grundlagen für eine mögliche Verlängerung der Lebensdauer bringt, ist SHM für Betreiber und Investoren in den letzten Jahren zunehmend wichtiger geworden.

SHM-Systeme nehmen die tatsächlich gemessenen Lastdaten anstelle standortspezifischer Lasten auf, die lediglich auf der Grundlage von SCADADaten, eines Steuerungssystems zur Erfassung, Analyse und Visualisierung von Daten, geschätzt werden konnten. Dies ermöglicht es Lastberechnungsexperten im Rahmen einer Life Time Extension-Bewertung (LTE), die verfügbare Restlebensdauer mit dynamischeren Annahmen zu ermitteln, als es bei der ursprünglichen Auslegung der Anlage möglich war.

Es gibt Unternehmen, die sich auf die Themen CMS und SHM spezialisiert haben und geeignete Hard- und Software anbieten. Die Experten haben zur Auswertung der Daten spezielle Algorithmen entwickelt und integrieren zunehmend auch Methoden der künstlichen Intelligenz. Als Basis dafür dienen vorhandene Daten beispielsweise aus dem CMS von bestehenden Anlagen sowie Messdaten spezieller Sensoren zur Erfassung von Strukturschwingungen. Eine spezielle Software ermöglicht außer der Aufzeichnung von Rohdaten auch deren Weiterverarbeitung.

 

Hardware für SHM-Anwendungen

Bei der Hardware sind MEMS-Beschleunigungssensoren (Micro Electronic Mechanical Systems) ein wichtiger Baustein: Über einen triaxialen Beschleunigungsaufnehmer können in allen drei Dimensionen Werte erfasst und so Strukturschwingungen sichtbar gemacht werden. Die Signale werden beispielsweise zur Beurteilung von Rotorblattunwuchten (Masse und Aerodynamik), die Überwachung des Strukturzustands und die Bewertung der Eigenfrequenz von Türmen verwendet.

Eine weitere wichtige Komponente zur kontinuierlichen Lasterfassung an Rotorblättern sowie Turm- und Gründungsstrukturen sind Messaufnehmer, die klassischerweise wie elektrische Dehnungsmessstreifen einer Verformung unterliegen. Neuere Systeme messen mit dem Prinzip der induktiven Wegmessung und unterliegen so keiner Verformung, wodurch sie langzeitstabil arbeiten. Signale aus solchen Sensoren können beispielsweise für eine individuelle Blattverstellung verwendet werden, wodurch eine lastoptimierte Abstimmung zwischen Turbinenkonstruktion und Betriebsstrategie möglich wird, die die Energieerzeugungskosten moderner Turbinen erheblich senkt.

 

Mehr Sicherheit bei geringeren Kosten

SHM liefert Informationen zur Beurteilung der Integrität der Struktur von Windanlagen. Es hilft aber auch, Ermüdungsbeanspruchungen zu reduzieren, indem ungünstige Betriebssituationen vermieden werden, die Stress auf die Struktur ausüben. Beispielsweise solche, die Resonanzen der tatsächlichen Eigenfrequenz eines Turmaufbaus verursachen würden.

Damit verbessert es nicht nur die Sicherheit einer Anlage, es reduziert auch die Wartungskosten. Und SHM kann es ermöglichen, durch Angaben über den genauen Zustand der Anlage eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung über den geplanten Zeitraum hinaus zu erwirken. Für die Betreiber der Anlagen ergibt sich dadurch eine höhere Rentabilität, womit sich die Investition in der Regel deutlich auszahlt.

Dieser Beitrag erschien im BWE-BetreiberBrief 2-2025. Autor ist Frank Fladerer, Journalist mit Erfahrung bei Tageszeitungen und technischen Fachmagazinen. Bei der Bachmann electronic GmbH ist er in der Unternehmenskommunikation tätig.


forsiteSCADA von Bachmann deckt Wind, Solar und Speicher in einem System ab

Bachmann electronic stellt eine neue innovative SCADA-Lösung vor, die speziell für das Energiemanagement in einer zunehmend vernetzten und hybriden Energiebranche entwickelt wurde. forsiteSCADA, bisher als WindPowerSCADA (WPS) bekannt, wurde nicht nur umbenannt, sondern konsequent weiterentwickelt, um den wachsenden Ansprüchen der gesamten Energiebranche gerecht zu werden.

Der Name forsiteSCADA steht für Weitblick (engl. „foresight“) im Sinne vorausschauender Planung und „site“ als zentraler Punkt für Maschinenparks, Energieanlagen oder Liegenschaften. Das System bleibt dabei so flexibel wie sein Vorgänger, erweitert aber den Anwendungsbereich deutlich. Neben Windenergieanlagen – on- und offshore – lassen sich Photovoltaik-Parks, Batteriespeicher, Blockheizkraftwerke oder meteorologische Anlagen integrieren. Geplant ist zudem die Einbindung von Wasserkraft-, Wasserstoff- und Wellenkraftanlagen.

Vier Ausbaustufen – light, basic, advanced und premium – ermöglichen eine passgenaue Skalierung. Alle Varianten sind webbasiert und bieten vorkonfigurierte Dashboards sowie die Darstellung von Live- und historischen Daten. Während die Light-Version für kleinere Anlagen mit bis zu drei Erzeugungseinheiten ausgelegt ist, ist in der Variante „basic“ bereits die Erstellung individueller Dashboards erlaubt. Mit „advanced“ und „premium“ wird die Lösung noch flexibler: Hier können nicht nur eigene Displays erstellt und angezeigt werden, sondern auch die Anzeigefläche vollständig an die Bedürfnisse des Nutzers angepasst werden, und das ohne zusätzliches Entwicklungwerkzeug. Die Premium-Version bietet zudem eine erweiterte Menüstruktur, umfangreiche Berichtsfunktionen und wenn gewünscht auch eine redundante Installation für den Ausfallschutz. Optional lässt sich das System durch Kaskadierung mehrerer SCADA-Instanzen oder automatisiertes Reporting erweitern.

Ein zentraler Fokus liegt auf Sicherheit: Mit einem durchgängigen Zugriffskontrollsystem, der Protokollierung von Zugriffen, modularer Verschlüsselungstechnik sowie Zwei-Faktor-Authentifizierung schützt forsiteSCADA vor unbefugten Zugriffen – ein entscheidender Faktor in Zeiten zunehmender Cyber-Risiken. Die bewährte IEC 61400-25-Datenstruktur sorgt für einheitliche Bedienkonzepte, selbst bei heterogenen Anlagenparks.

Condition-Monitoring-Daten lassen sich direkt mit den Anlagendaten korrelieren, was Instandhaltung und Fehleranalyse deutlich vereinfacht. Und dank atvise®-Technologie bleibt die Visualisierung intuitiv: Vom übersichtlichen Turbinen-Interface bis zur komplexen Parksteuerung sind alle Daten browserbasiert abrufbar – responsiv, sicher und ohne lokale Installation.

Bachmann electronic verfolgt mit forsiteSCADA das Ziel, ein nachhaltig skalierbares SCADA-System für die gesamte Energiebranche zu etablieren, das auch künftige Entwicklungen integrieren kann.

Quelle: Bachmann electronic


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