Als der BWE im Jahr 2008 die Ergebnisse der HiWUS-Studie1 veröffentlichte, war den Beteiligten nicht klar, dass es noch weitere 12 Jahre dauern würde, bis die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK) endlich im breiten Maße in Deutschland zum Einsatz kommen würde. Obwohl schon damals zusammen mit namhaften Studienpartnern2 festgestellt wurde, dass die Nutzung von Primärradar und Transpondern ein optimaler Weg zur Minimierung der Lichtimmissionen rund um Windenergieanlagen (WEA) ist, mussten noch zahlreiche Hindernisse überwunden werden. Die hohen Anforderungen der Flugsicherung und Widerstände führten dazu, dass die BNK-Systeme nur schrittweise als Pilotprojekte in Deutschland zugelassen wurden. Obwohl sich im betroffenen unkontrollierten Luftraum unter 300 Meter in der Nacht nur im Notfall Flugzeuge aufhalten, mussten sämtliche Eventualitäten berücksichtigt werden.

Parallel zu den jahrelangen umfangreichen technischen und rechtlichen Prüfungen der BNK-Systeme in Deutschland wurden weltweit im hohem Tempo höhere und leistungsstärkere WEA errichtet. Ab 2010 lag die Gesamthöhe bei nahezu allen neu errichteten Anlagen in Deutschland deutlich über 100 Metern. Fast alle neuen Anlagen mussten somit gemäß AVV-Kennzeichnung3 mit blinkenden Feuern auf dem Maschinenhaus gekennzeichnet werden. Bei zahlreichen Anlagen mit einer Gesamthöhe von über 150 Metern kamen bis zu zwei Befeuerungsebenen am Turm hinzu. Dass es ohne Anpassungen der AVV schnell zu einer maßgeblichen Erhöhung der Lichtimmissionen kommen würde, war dem BWE früh klar. Denn die Faustformel, dass ein Meter mehr an Nabenhöhe zu einem Prozent mehr Ertrag führt, war schon damals bekannt. Klar war auch, dass in komplexem Gelände und bei großen Rotordurchmessern die Steigerung sogar noch höher ausfallen kann. Die deutsche Windbranche musste somit auf die technische Entwicklung regieren und die Ertragsoptimierungen umsetzen, um international mithalten zu können. Die Störungen insbesondere in Regionen mit wenig Vorbelastungen und bei größeren Windparks war somit vorprogrammiert.

Verlängerung der Fristen

Als erste Landesregierung reagierte Mecklenburg-Vorpommern. Dort versuchte man 2017 über die Landesbauordnung die Betreiber zum Einsatz der BNK zu verpflichten. Als Brandenburg dem Beispiel folgen wollte und der BWE vor einem Flickenteppich an BNK-Regeln in den Bundesländern warnte, überraschte die Bundesregierung Ende 2018 mit einer indirekten BNK-Verpflichtung über das EEG. Eine Maßnahme, die der BWE so übrigens nie gefordert hatte. Aus Sicht des Windverbandes wäre eine freiwillige Regelung zur Akzeptanzsteigerung ausreichend gewesen. Doch das Bundeswirtschaftsministerium wollte einen schnellen und breiten Einsatz der akzeptanzfördernden BNK. Vorgesehen war, dass möglichst alle bestehenden und neuen kennzeichnungspflichtigen Windräder bereits bis Mitte dieses Jahres mit BNK-Systemen ausgestattet werden. Als klar wurde, dass die ehrgeizige Frist nicht umzusetzen ist, verlängerte die Bundesnetzagentur (BNetzA) als zuständige Behörde die Frist vorerst bis Mitte 2021. Eine Frist, die aus Sicht des BWE und weiteren Verbänden vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ebenfalls nicht zu halten war. Gemeinsam mit dem VDMA forderte der BWE daher eine weitere Verlängerung der Frist für Bestandsanlagen um vorläufig zwei Jahre und für Neuanlagen um ein Jahr. Anfang November 2020 hat die BNetzA reagiert und final entschieden, dass die Betreiber von WEA an Land noch bis Ende 2022 Zeit haben, um ihre Anlagen mit BNK-Systemen auszustatten. Eine Unterscheidung von Bestands- und Neuanlagen wurde nicht vorgenommen.4

Drohende Sanktionen

Vor dem Hintergrund, dass allein im Bestand rund 10.000 Anlagen umzurüsten und zu vernetzen sind, steht die Branche vor einer großen Herausforderung. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Sanktionen, die den Betreibern drohen, wenn der Einsatz nicht rechtzeitig erfolgt. Denn für den Fall, dass die Anlagen bis zum 31.12.2022 nicht umgerüstet sind, entfällt die Einspeisevergütung nach EEG. Ausnahmen gelten lediglich für Bestandsanlagen, die bis Ende 2025 aus der EEG-Vergütung fallen oder die gegenüber der BNetzA nachweisen, dass die Kosten für die BNK-Systeme drei Prozent der voraussichtlichen Umsatzerlöse bis Ende der Zahlung der EEG-Vergütung übersteigen.

Wichtig: Einheitliche Regeln für alle

Welche Anforderungen die BNK-Systeme erfüllen müssen, ist im Anhang 6 der AVV geregelt. Da nach neuer AVV, die im Mai dieses Jahres in Kraft getreten ist, zusätzlich zum BNK-System ein Infrarotfeuer auf dem Maschinenhaus zum Einsatz kommen muss, kommt es zu weiteren Anforderungen. Die Komplexität der Herausforderung wird für die Unternehmen weiter durch die unterschiedlichen Verfahrensabläufe in den Bundesländern erhöht. Eine zentrale Rolle übernehmen dabei die Landesluftfahrtbehörden, die in Abstimmung mit den WEA-Betreibern, den Herstellern der BNK-Systeme und in Einzelfällen mit den Baumusterprüfstellen für den Einsatz der Systeme zuständig sind. Aus Sicht des BWE ist es daher gut, dass das Bundesverkehrsministerium den Dialog der Landesbehörden zur standortbezogenen Prüfung organisiert. Wichtig ist den Mitgliedern des AK-Kennzeichnung des BWE, dass es zu einheitlichen Regeln in den Ländern kommt. Ob eine Anzeige, eine Genehmigung oder der Austausch der Mittel der effizienteste und sicherste Weg ist, muss in den nächsten Wochen geklärt werden. Erfreulich ist, dass zunehmend auch das Ausland an unseren Erfahrungen zur BNK interessiert ist. So hat beispielsweise die internationale Luftfahrtagentur ICAO die BNK in ihre Empfehlungen aufgenommen. Zur Erinnerung: Ins Rollen gebracht wurde der Prozess durch die vom BWE initiierte HiWUS-Studie vor 12 Jahren.


FUSSNOTEN

1 HiWUS-Studie: Entwicklung eines Hindernisbefeuerungskonzeptes zur Minimierung der Lichtemission an On- und Offshore-Windenergieparks und -anlagen unter besonderer Berücksichtigung der Vereinbarkeit der Aspekte Umweltverträglichkeit sowie Sicherheit des Luft- und Seeverkehrs; www.dbu.de/projekt_24127/01_db_2848.html

2 Kooperationspartner der HiWUS-Studie: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit; Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie; DFS Deutsche Flugsicherung GmbH; FVT - Fachstelle für Verkehrstechniken, Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest.

3 AVV-Kennzeichnung: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen - www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_24042020_LF15.htm

4 Konsultation der Bundesnetzagentur zu BNK-Fristen: Für WEA an Land bis 31.12.2022 und für WEA auf See bis 31.12.2023 verlängert. - www.bundesnetzagentur.de/DE/Service-Funktionen/Beschlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2020/BK6-20-207/BK6-20-207_beschluss%20+%20stellungnahmen.html?nn=729642

 


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