Herr Wachter, viele Planer sehen Repowering in dem Sinne negativ, als dass es oft einen Mehraufwand bedeutet, weil man sich noch um den Altpark kümmern muss. Wie sehen Sie das?

Tilo Wachter: Das klingt zu negativ. Denn dort,  wo bereits eine Windkraftanlage steht, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass dort wieder eine errichtet werden kann. Die Chance genehmigungsrechtlich zu scheitern ist niedriger, da ein Windparkprojekt an diesem Standort schon einmal genehmigungsfähig war. Sie werden zudem eine höhere Grundakzeptanz haben, weil die Menschen vor Ort an einen Windpark in ihrem Umfeld gewöhnt sind. Laut Statistik scheitern Repowering-Vorhaben vornehmlich an baurechtlichen oder raumplanerischen Vorgaben wie z. B. veränderte Vorranggebiete oder 10H-Regelungen. Sollten sich auf dieser Ebene Änderungen ergeben haben, kann man das einfach und schnell prüfen. Bei allem was danach kommt, scheitert man beim Repowering dafür dann wesentlich seltener als bei einer Greenfield-Entwicklung. Die Wahrscheinlichkeit einer massiven Veränderung in der Fauna ist gering. Sie haben ja damals bereits ein komplettes BImSchG-Verfahren durchlaufen, wo solche Fragen geprüft wurden.

Dennoch, rund 70 Prozent der Altanlagen-Standorte können laut Statistik nicht repowert werden. 

Tilo Wachter: Ja, das sind sehr häufig Standorte, wo die raumplanerischen Vorgaben verändert wurden. Das zu prüfen ist aber wie gesagt nicht aufwändig. 

Wie sehen Ihre Erfahrungen aus?

Tilo Wachter: Wir hatten gerade ein Projekt, wo alles ausgesprochen glatt lief. Die Akzeptanz ist einfach generell höher. Und wenn Sie selbst als Eigentümer repowern wollen, dann haben Sie eine Art Pole-Position, weil Sie ein genehmigtes Projekt haben, das Sie theoretisch noch sehr lange laufen lassen könnten. Sie haben noch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt geltende Pachtverträge. Sie müssen natürlich sehen, ob nach 20 Jahren noch die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Aber im Regelfall kann man die Anlage noch etliche Jahre länger betreiben. Und jetzt können Sie vor Ort verhandeln: Wir planen ein Repowering-Vorhaben, von dem Ihr profitieren könnt, etwa durch Bürgerbeteiligung, dadurch dass mehr Menschen von der Pacht profitieren. Mit der Naturschutzbehörde kann man sich vielleicht auf den Verzicht auf einen besonders störenden Einzelstandort einigen. Neue Anlagen sind wegen strengerer Auflagen zudem mit Sicherheit leiser. Und auch das Landschaftsbild wird ruhiger, weil die Anlagen langsamer drehen. Sie können mit der Veränderung also etwas verbessern. Andernfalls bleiben störende Altanlagen eben noch zehn Jahre stehen. Volkswirtschaftlich ist das Repowering ebenfalls die bessere Lösung. Denn man erzielt mehr Energieerzeugung ohne Zubau neuer Regionen.

Wie gehen Sie vor bei der Frage, ob sich ein Repowering-Projekt eignet oder nicht?

Tilo Wachter: Die grundsätzlichen Chancen der Realisierbarkeit eines Vorhabens prüfen wir mithilfe einer Machbarkeitsanalyse. Einerseits unter genehmigungsrechtlichen Aspekten, andererseits unter wirtschaftlichen. Beim Repowering teilen wir das auf, zunächst gibt es eine Überprüfung der baurechtlichen Vorgaben. Habe ich dort eine raumplanerische Situation, wo ich bauen kann? In Bayern endet diese Untersuchung zu fast 100 Prozent mit einem Nein, denn dort gibt es die 10H-Regel. Falls das Projekt aber raumplanerisch möglich ist, empfiehlt es sich, in eine tiefere Analyse einzusteigen, bei der dann auch grob die Kosten des Vorhabens ermittelt werden. Dabei wird auch die Ertragsseite geprüft, gegebenenfalls unter Auflagen zu Schall und Schatten. Dabei wird festgestellt, ob eine Windmessung erforderlich ist. Bei Repowering-Vorhaben ist die Wahrscheinlichkeit niedriger, dass das nötig ist, da die Ertragsdaten der alten Anlagen vorliegen. Was die Kosten- und Ertragsseite betrifft, wird noch festgestellt, welche Bedingungen für den Netzanschluss bestehen und was dieser kostet. Außerdem wird überprüft, wie es grundsätzlich genehmigungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt einer BImSchG-Genehmigung aussieht. Naturschutz und Flugsicherung sind da die beiden markanten Themen. Die Anlagenhöhe wirkt sich auf die Genehmigung bezüglich der Flugsicherung aus. Heute liegt die Nabenhöhe oft über 140 Metern, was zu Problemen führen kann, denn früher waren es vielleicht 60 Meter.

Wie sieht es mit den Genehmigungsunterlagen aus? Wann werden die erstellt?

Tilo Wachter: Mit einer Machbarkeitsprüfung bekommt man ein grundsätzliches Gefühl: Soll ich tiefer einsteigen und ernsthaft Geld in die Hand nehmen? Dann gehen Sie in die Entwurfsplanung, was am Ende in der Genehmigungsplanung endet. Gleichzeitig starten Sie den Gutachtenkanon - vor allem naturschutzfachlicher Art. Parallel vertiefen Sie das Anlagenlayout. Zudem müssen Sie natürlich die Flächen sichern. In dem Zusammenhang ist die Situation mit den Steakholdern vor Ort wichtig. Meist werden zusätzliche Flächen benötigt. Denn früher wurden oft nur kleine Flächen genau dort gepachtet, wo die jeweilige Anlage steht. Heute sichert man sich die gesamte Fläche eines Windparks, was auch mehr zufriedene Landverpächter schafft. Was benötige ich an Flächen? Das sollte man in der Machbarkeitsstudie geklärt haben. Mit diesen Erkenntnissen tritt man dann in den Flächensicherungsprozess – und dafür muss man die Fähigkeit zur Kommunikation mit den Leuten vor Ort mitbringen.

Früher musste man für manche Repowering-Projekte eine Vielzahl an Bestandsanlagen-Betreibern ansprechen, um deren alte Windenergieanlagen mit ins Repowering einbeziehen zu können. Ist das immer noch so?

Tilo Wachter: Ja. Das gilt natürlich, wenn ich nicht als Altbetreiber, sondern als reiner Entwickler antrete. Ich muss dann viele Parteien für mich gewinnen. Da gibt es viele Konstellationen. Wenn ich selbst die Altanlagen vor Ort nicht betreibe, ist Repowering tatsächlich fast wie ein Greenfield-Projekt. Und ich bin dann zudem sicher nicht der Einzige, der sein Glück dort versucht. 

 


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