Zur besseren Vereinbarkeit von Flugsicherung und Windenergie haben das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH in den vergangenen Monaten umfangreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Das gemeinsame Ziel war es, den störungsfreien Betrieb von Flugsicherungsanlagen zu sichern und dabei so weit wie möglich energiepolitische Belange zu berücksichtigen, um im Ergebnis mehr Flächen für Wind an Land zur Verfügung zu stellen. Wesentliche Aspekte wurden durch die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB) im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Forschungsprojekts WERAN (Wechselwirkung Windenergieanlagen und Radar/Navigation) entwickelt. Zugleich werden mit den jetzt von der Flugsicherung ergriffenen Maßnahmen wichtige Teile der Eckpunkte vom 5. April 2022 umgesetzt, auf die sich das Bundesverkehrs- und das Bundeswirtschaftsministerium verständigt hatten.
Bundesminister Dr. Volker Wissing:
„Die Windkraft hat eine große Bedeutung für eine klimafreundliche Energieversorgung unseres Landes. Um schneller ausbauen zu können, haben wir in kürzester Zeit auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse geringere Abstände von Windkrafträdern zu flugsicherungstechnischen und meteorologischen Anlagen ermöglicht. Damit haben wir ein erhebliches Hindernis beim Windkraftausbau an Land aus dem Weg geräumt. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit großem Engagement und konstruktivem Austausch die unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut gebracht haben.“
Bundesminister Dr. Robert Habeck:
„Mehr Flächen für Windenergie bei gleicher Sicherheit der Funknavigation: Das ist ein Riesenschritt und entscheidend für den Ausbau der Windkraft. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Luftverkehrsbehörden und dem Verkehrsministerium ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie wir auf allen Ebenen Hemmnisse abbauen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen.“
Anlagenschutzbereiche werden verkleinert
BMWK und BMDV hatten sich im April 2022 darauf verständigt, auf Grundlage der im Projekt WERAN neu gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse die Schutzbereiche von Flugsicherungsanlagen zu überprüfen. Auf Grundlage neuer Kriterien hat die DFS nun die Möglichkeit, die Anlagenschutzbereiche der Doppler-Drehfunkfeuer (DVOR) neu zu bewerten und festzulegen, ob diese auf den von der PTB vorgeschlagenen Radius von sieben Kilometer verkleinert werden können. Nur innerhalb dieses Radius müssen bei Bauvorhaben Flugsicherungsaspekte berücksichtigt werden. Diese Neubewertung beginnt am 1. August 2022 und soll bis Ende 2022 abgeschlossen werden. Die schon vorliegenden Ergebnisse erlauben die Verkleinerung der Anlagenschutzbereiche der DVOR Klasdorf, DVOR Gedern und DVOR Fulda bereits zum 1. August 2022. Die DFS erwartet, dass in vielen weiteren Fällen die Verkleinerung erfolgen kann und somit eines der Hemmnisse für die Planung von Windenergieanlagen entfällt.
Neue Berechnungsformel für CVOR
Die mögliche Störung der vom Funkfeuer bereitgestellten Navigationsinformationen durch Windenergieanlagen, der sogenannte Winkelfehler, wird anhand einer Berechnungsformel ermittelt. DFS und PTB konnten eine neue Formel entwickeln, die präzisere Vorhersagen ermöglicht. Für die robusteren Doppler-Drehfunkfeuer wird eine ebenfalls gemeinsam entwickelte Formel bereits seit 2020 angewendet, seitdem hat sich die Zustimmungsquote auf über 90 Prozent erhöht. Mit der voraussichtlich ab Ende September 2022 einsatzfähigen neuen CVOR-Berechnungsformel ist auch für Funkfeuer herkömmlicher Bauart (CVOR) eine höhere Zustimmungsquote absehbar.
Akzeptanz höherer Winkelfehler
Durch eine Neubewertung der für die Flächennavigation erforderlichen Leistungsanforderungen einerseits und technische Modifikationen an den Navigationsanlagen andererseits kann ab sofort ein höherer, zum Beispiel durch Windenergieanlagen hervorgerufener Winkelfehler akzeptiert und damit das zur Verfügung stehende Fehlerbudget von heute 1,0° auf - je nach Anlagentyp - 1,5° bzw. 2,1° teilweise mehr als verdoppelt werden. Dies erlaubt den Aufbau zusätzlicher Windenergieanlagen in den Anlagenschutzbereichen von Drehfunkfeuern.
Rückbau und Umbau von Drehfunkfeuern
Im Zuge der Einführung moderner, vermehrt satellitengestützter Navigationsverfahren überprüft die DFS aktuell die rund 2.600 Flugverfahren im gesamten deutschen Luftraum. Die neuen Verfahren ermöglichen vielerorts den Abbau von Funkfeuern. Seit 2002 wurden bereits 17 Anlagen abgebaut; von den heute 51 im Eigentum der DFS befindlichen Anlagen werden bis 2032 voraussichtlich weitere 20 Anlagen zurückgebaut.
Außerdem wurde durch Unterstützung des BMWK die Umrüstung von acht CVOR in weniger störanfällige DVOR ermöglicht.
PM: BMWK